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Posts Tagged ‘Fotografie’

Der Traum von Fotografie

06 Mar

Ein Beitrag von: Friederike Schütze

Ich war immer fasziniert von der Fotografie. Mein Leben, die Menschen und Orte, an denen ich war, in Bildern festzuhalten, das war ein innerer Drang. Aber jeder Gedanke in meiner Jugend, Schritte in Richtung guter Fotografie zu machen, wurden sofort von folgenden Gedanken unterdrückt.

Ich war lange Zeit der Meinung, dass man eine Ausbildung zum Fotografen gemacht haben müsse, um gute Bilder zu machen. Vielleicht nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, was bei Fotoshootings, die man im Fernsehen sehen kann, alles an Equipment und Personal aufgefahren wird.

Man kann ja schließlich auch niemanden operieren, nur weil man viel Emergency Room gesehen hat. Aus heutiger Sicht muss man darüber natürlich den Kopf schütteln und schmunzeln, aber damals war es für mich einfach so.

© Friederike Schütze

Ich hatte mich für eine akademische Laufbahn entschieden, habe mein Abitur gemacht, Chemie studiert und schreibe gerade meine Doktorarbeit. Tatsächlich Fotografie zu „lernen“ war für mich als Teenager nicht erreichbar und so wurde auch der Gedanke daran mit meinem Studium begraben.

Vor drei Jahren war ich dann auf der Hochzeit von Freunden und am Abend wurden die Bilder gezeigt, die die Hochzeitsfotografin tagsüber gemacht hatte. Was soll ich sagen: Mich hat es umgehauen. Man hätte jedes einzelne Bild problemlos in einer Zeitschrift abdrucken können, so perfekt und wunderschön waren sie.

Aber ich hatte die Fotografin gesehen. Sie hatte kein großes Equipment und kein Team, das jeden Gast perfekt ausgeleuchtet hätte. Sie hatte nur ihre Kamera. Und irgendwie hat diese Erkenntnis in meinem Kopf Wurzeln geschlagen und dieser alte Traum der Fotografie wurde wieder wach, fand immer neue Hoffnung, dass vielleicht auch ich gute Bilder machen könnte.

© Friederike Schütze

© Friederike Schütze

Warum es nicht einfach mal probieren, einfach nur für mich? Und das tat ich. Ich kaufte eine gebrauchte EOS 450D und machte mich mit ihr und den grundlegenden Prinzpien von Blende, Belichtungszeit und so weiter vertraut.

Dann, vor neun Monaten, nahm ich meine Freundin Katrin als Modell, ging mit ihr raus ins Reichenauer Schilf und versuchte mich an meinen ersten Portraitaufnahmen. Spielte mit Winkeln, Perspektiven, Sonnenlicht, ihrer Körperhaltung und ihrem Gesichtsausdruck.

Und dann traf es mich – der Moment, in dem einfach alles stimmt, man sich sein Bild erarbeitet hat, die perfekte Mischung aus Pose, Licht und Hintergrund. Ich muss immer noch lächeln, wenn ich daran denke. Es war ein großartiges Gefühl und ist es auch heute noch. In diesem Moment bin ich immer unendlich glücklich.

© Friederike Schütze

Es war für mich klar, dass ich unbedingt damit weiter machen musste. Ich fragte also Bekannte und Freunde, ob ich sie fotografieren dürfte und mit jedem Shooting wurde ich besser, probierte mehr aus und entwickelte mich.

Was mich an der Portraitfotografie besonders begeistert, ist, dass man nicht einfach nur etwas fotografiert, was ohnehin schon da ist. Man wird hinter der Kamera zum Regisseur und inszeniert sein Bild.

Ich lasse mich im Prinzip von meinen Modellen inspirieren. Überlege mir, welche Umgebung und welche Kleider und nicht zuletzt, welchen Bearbeitungsstil ich passend finde und wie ich diesen Menschen für mich interpretieren möchte.

© Friederike Schütze

Menschen einfach nur als schön oder hübsch zu zeigen, reicht mir nicht. Ich möchte Bilder erschaffen, die den Betrachter verharren lassen, die ihn innerlich irgendwo ansprechen. In meinen Bildern lasse ich die Schönheit meiner Modelle immer auch sanft und verletzlich wirken und schaffe so Nähe.

Über meinen eingangs erwähnten Gedanken, fotografieren kann man nur als Fotograf, lächle ich nun. Nicht, weil es nicht wahr wäre, dass man sehr vieles erlernen muss, um ein guter Fotograf zu sein, sondern weil ich damals das Wesentlichste nicht gesehen habe: Man braucht eine Kamera und ein gutes Auge, um gute Bilder machen zu können. Mehr nicht.


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Die erste Fotografie der Welt

11 Jan

Habt Ihr Euch schon einmal gefragt, wie wohl die erste Fotografie der Welt aussah? Was sie zeigte und wer dabei hinter der Kamera stand? Dieser spannenden Frage bin ich nachgegangen, musste jedoch feststellen, dass die Antwort darauf gar nicht so einfach ist.

Die wahrscheinlich erste dauerhafte, bis heute erhaltene Fotografie zeigt den Blick aus einem Arbeitszimmer in Le Gras. Aufgenommen wurde sie von Joseph Nicéphore Niépce 1826/1827. Er arbeitete zusammen mit Louis-Jacques-Mandé Daguerre an einem Verfahren, die Bilder der Camera obscura für die Ewigkeit festzuhalten.

Niépce verstarb jedoch bereits 1833, weshalb das gemeinsam entwickelte und von Daguerre verbesserte Verfahren „Daguerreotypie“ getauft wurde. Daguerre stellte es am 19. August 1839 der Öffentlichkeit vor – offiziell die Geburtsstunde der Fotografie.

©  Joseph Nicéphore Niépce, 1826

Aber Moment mal! Der „Blick aus dem Arbeitszimmer“ entstand bereits 1826 oder 1827. Dass das genaue Datum nicht feststeht, zeigt vielleicht auch, dass die beiden Erfinder ihr Resultat noch nicht so beeindruckend fanden. Und sieht man sich das Bild an, dann erkennt man zugegebenermaßen auch recht wenig darauf.

Links das geöffnete Fenster, daneben das Taubenhaus, dahinter ein Baum. In der Mitte des Bildes das Dach und ganz rechts der Kamin. Aufgenommen wurde das Bild auf einer Zinnplatte von 20 × 25 cm Größe, die vor der Belichtung mit in Lavendelöl gelöstem Naturasphalt bestrichen wurde. Nach der etwa achtstündigen Belichtungszeit wurde die Platte mit Lavendelöl und Petroleum gewaschen und das Foto fixiert.

Zinnplatte mit erster dauerhafter Fotografie der Welt

Vielleicht hattet Ihr ja das Glück, die Platte in Mannheim anlässlich der Ausstellung „Die Geburtsstunde der Fotografie“ zu sehen? Wenn nicht, müsst Ihr nun nach Austin in Texas reisen. Wegen der hohen Empfindlichkeit wird sie dort in einer Box mit sauerstofffreiem Gas ausgestellt.

Aber natürlich gab es bereits vor diesem Bild viele Versuche, die Zeit einzufrieren und damit viele Fotografien, die wir nie zu sehen bekommen werden, da sie nur kürzeste Zeit existierten. Oder einfach Bilder, die lange unentdeckt blieben, wie dieses Blatt, das Thomas Wedgwood zugeschrieben wird.

© Thomas Wedgwood

Ihm gelang es bereits um 1800, Silhouetten durch Einwirkung von Licht auf Silbernitrat herzustellen. Sein eigentliches Ziel, die Bilder der Camera obscura festzuhalten, erreichte er jedoch nicht, da ihm die Bilder zu schwach schienen, um mit dem Silbernitrat wirken zu können. Hätte er sie ebenfalls wie Niépce acht Stunden lang belichtet, hätte es wahrscheinlich bereits 1800 die erste Fotografie mit Hilfe der Camera obscura gegeben.

Schon Johann Heinrich Schulze (1687 – 1744) entdeckte, das die Schwärzung von Silbernitrat durch Licht hervorgerufen wird. Und geht man noch weiter zurück, lassen sich die Anfänge der fotografischen Verfahren bis in die Antike zurückverfolgen. So findet man sogar bei Aristoteles Notizen zur Camera obscura.

Unter diesem Gesichtspunkt wird deutlich, dass es die erste Fotografie so nicht geben kann. Aber es ist spannend, den Weg ihrer Entdeckung zu verfolgen und diese frühen Bilder zu sehen.

Eines der ersten Selbstportraits dürfte von Robert Cornelius stammen, der sich sicher war, das sein Selbstportrait die erste Fotografie überhaupt war. So schrieb er auf die Rückseite: „The first light picture ever taken. 1839.“ Er lag mit seiner Annahme falsch, hielt sich so aber für die Ewigkeit fest.

© Robert Cornelius

Das älteste bekannte Bild, auf dem Menschen zu sehen sind, stammt von Louis-Jacques-Mandé Daguerre und ist ebenfals ein aus einem Fenster heraus aufgenommenes Bild. Entstanden ist die Aufnahme am 7. Januar 1839 und zeigt den Blick auf den Boulevard du Temple in Paris.

Links unten im Bild sieht man einen Schuhputzer mit Kunden, die wahrscheinlich bewusst plaziert wurden. Die sonst sehr lebendige Straße scheint durch die lange Belichtungszeit sonst vollkommen leer.

Boulevard du Temple ©  Louis-Jacques-Mandé Daguerre

Quellen:
• www.hrc.utexas.edu [Stand: 28.12.2013]
• www.uni-kiel.de [Stand: 28.12.2013]
• Stiegler, Bernd / Thürlemann, Felix: Meisterwerke der Fotografie. Stuttgart 2011.


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Analoge Fotografie aus Leidenschaft

05 Sep

Ein Beitrag von: Daniel Schöps

Von fast allen geliebt, von vielen gehypt, aber nur von wenigen angewendet.

– Analoge Fotografie – Ari und ich mittendrin.

Was soll das Ganze hier? Im Prinzip möchte ich Euch meine Sammlung analoger Kameras vorstellen. Und das anhand von Fotos, die ich mit diesen Kameras von Ari gemacht habe. Als wir uns damals kennenlernten, stand sie bereits hauptberuflich, vor allem aber mit Leidenschaft, als Modell vor der Kamera.

Jedes unserer gemeinsam entstandenen Werke wird von mir immer mit dem benutzten Kameramodell in der Beschreibung veröffentlicht. Denn jeder Apparat hat seine eigenen kleinen Besonderheiten und diesen Charakter findet man auch in den Fotos wieder. Ich möchte auf diese Weise meine alten Schätzchen in den Vordergrund holen und vielleicht sogar etwas Interesse an der Technik schüren.

Zeiss Ikon Ikonta © Daniel SchöpsZeiss Ikon Ikonta  © Daniel Schöps

Kamera: Zeiss Ikon Ikonta

Denn das ist es, was mir an der analogen Fotografie so gut gefällt: Der Umgang mit diesen wundervollen alten Fotoapparaten und beim Bild die Reduktion auf das Wesentliche. Deswegen nutze ich auch am liebsten Schwarzweiß-Filme wie den Kodak Tri-X oder den Ilford HP5 Plus. Und je älter die Kamera ist, umso mehr Spaß macht mir das Fotografieren mit ihr.

Eines meiner absoluten Lieblingstücke ist die Zeiss Ikon Ikonta M (Mittelformat 6×6) aus den 30er Jahren, die auch rege von mir genutzt wird. Im Kleinbild-Bereich tendiere ich stark in Richtung Osten. Meine 4 Prakticas sind mehr sehr ans Herz gewachsen und es geht nichts über das Kalaschnikow-artige Auslösegeräusch einer Zenit ET. Als perfekte Reise- und Streetkamera hat sich aber die Yashica FX3 Super herausgestellt. Klein und kompakt, aber mit überragender Verarbeitung und toller Abbildungsleistung.

Praktica Super TL1000 © Daniel SchöpsYashica FX3 © Daniel Schöps

links: Praktica Super TL1000; rechts: Yashica FX3

Allerdings war aller Anfang schwer. Das Wort Leidenschaft beinhaltet ja ganz klar das Wort „Leiden“. Meine Leidenschaft zur analogen Fotografie begann im jugendlichen Alter, als ich eine Zeiss Ikon Contessa und eine Praktica SuperTL1000 als Familienerbstücke geschenkt bekommen hatte und nicht wusste, wie sie funktionieren.

So wanderten sie erst einmal in die Vitrine und sahen gut aus. Zum Glück blieben sie dort nicht lange und nach vielem Rumprobieren kamen dann auch tatsächlich Fotos dabei raus. Die waren weder gut noch künstlerisch wertvoll. Und aufgrund der defekten Belichtungsmesser auch entweder zu dunkel oder zu hell. Wie gesagt, mehr Leiden als Leidenschaft.

Praktica MTL5B
Kamera: Praktica MTL5B

Auch wenn mich die Lehrer in der Schule immer als lernresistent charakterisiert haben: Im Laufe der Jahre hatte ich mich weiter in die Thematik eingearbeitet und nach und nach den Umgang mit der analogen Technik erlernt.

Eine regelrechte Eigendynamik hat das Ganze aber erst nach dem ersten Shooting mit Ari bekommen. Nachdem ich die Dias abgeholt und gescannt hatte, gab es kein Zurück mehr. Das war es, wonach ich immer gesucht hatte. Blinker links und Überholspur!

Seitdem sind wir beide vor und hinter der Kamera ein perfektes Team. Viel Spaß mit den Fotos – alle analog und alle mit viel Leidenschaft. Nur jetzt ganz ohne Leiden!

Das Titelbild entstand mit einer Zeiss Ikon Contessa.


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Fotografie und Social Media – muss das sein?

02 Sep

Vor Kurzem hatten Sebastian und Martin eine kurze Unterhaltung auf Twitter: Martin fragte, ob er in Zukunft Fotos, die er mit der Fuji macht, auf Instagram posten solle. Sebastian meinte, er solle seinen Instagram-Account löschen. Die Diskussion um Instagram, Social Media-Plattformen, Fotografie (und deren Meta-Ebene) führen sie hier nun fort.

Sebastian: Lösch Deinen Instagram-Account.

Martin: Nein. Warum sollte ich?

Sebastian: Weil Du Fotografie magst. Ich finde, Instagram kann man nicht wirklich benutzen, wenn man Fotografie mag. Es ist eine unendliche Suppe an einheitlich brutal zurechtgefilterten und sehr oft auch belanglosen Fotos.

Martin: Das kommt drauf an, wem man folgt. Wie überall.

Sebastian: Ja, bestimmt. Aber ich rede ja auch nicht von der persönlichen Nutzererfahrung. Sondern vom generellen Problem, dass solche Dienste Fotografie entwerten. Drück auf’s Knöpfchen, mach Dein Bild hübsch mit dem Retro-Style, den jeder mag und lass Deine Bilder wie die von jedem anderen aussehen.

Martin: Ich finde nicht, dass diese Dienste entwerten. Denn das Ziel von Instagram ist nicht in erster Linie, großartige Fotografie zu unterstützen, sondern es ist in erster Linie sozial. Das heißt: Wir teilen unser Leben. Und somit all die Dinge, die unser Leben betrifft. Und das posiert nicht. Es ist nicht technisch perfekt. Es ist, wie es ist. Und das mag ich daran.

Sebastian: Lustigerweise würde ich genau das als Argument gegen Instagram ins Feld führen. Die Plattform und ihre Nutzer haben überhaupt kein Interesse an Fotografie, sondern nur daran, sich gegenseitig Bildchen von ihrem Essen und ihren Haustieren zu zeigen. Deswegen kann ich im Gegenzug Plattformen wie 500px und Behance gar nicht hoch genug schätzen. Was benutzt Du denn überhaupt für Internetplattformen und Tools, um Deine Bilder zu zeigen, zu bearbeiten und so weiter?

Martin: Bisher habe ich mit dem iPhone auf der Straße fotografiert. Diese Bilder habe ich in meine „Zentrale“ Tumblr eingestellt und von dort zu Flickr (da bin ich seit 2005), Facebook, 500px und auch Instagram geleitet. Bearbeitet habe ich meine Fotos kaum, nur ein wenig mit Snapseed geradegerückt, Helligkeit und Kontraste angepasst. Fertig.

Sebastian: Bei Facebook und Twitter poste ich inzwischen auch öfter mal Bilder (meist mit Links auf die kompletten Serien anderswo) und bei Tumblr so übrig gebliebenes Zeug. Aber recht widerwillig, wie ich zugeben muss. Ich empfinde es als entwertend, wenn man seine Sachen x Mal in verschiedene Streams irgendwie reinkippt, um da Leute zu erreichen. Ein eigenes Blog oder eine Galerie auf einer Plattform hat doch irgendwie mehr Stil. Ein Bild bei Facebook ist in fünf Minuten untergangen in einem endlosen Stream aus Kram.

Martin: Wieder „nein“. Auf Flickr bin ich, seitdem ich fotografiere und es gibt einige Leute, die dort meinem fotografischen Prozess folgen. Auf Facebook sind einige Freunde und Künstler, deren Meinung ich sehr schätze – und die auch hin und wieder kommentieren. Bei Instagram gibt es eine wachsende Zahl ambitionierter Straßenfotografen, die mit dem iPhone versuchen, das Beste herauszuholen.

Absolute Augenweiden sind da dabei und die sehe ich sonst nirgendwo. Würden wir alle unser eigenen Süppchen kochen, wäre es vielleicht origineller, aber das ist mir nicht in erster Linie wichtig. Ich möchte dort sein, wo die Leute sind, die mir wichtig ist. Deswegen poste ich eher selten auf Google+. Dort kenne ich von den 15.000 Followern vielleicht 10.

Sebastian: Aber das heißt im Endeffekt: „Ich gehe dahin, wo die Leute sind und reibe ihnen permanent meine Bilder unter die Nase.“ Ich könnte mir das niemals antun. Dazu kommen dann noch diese ekelhaften Bewertungsfunktionen auf allen Plattformen und die Tatsache, dass künstlerische Sachen nun einmal von der Masse deutlich weniger geschätzt werden als derber Kitsch (ganz normales Phänomen).

Wenn ich bei Facebook ein sinnloses Katzenbild poste, das ich mal so nebenbei gemacht habe und es 200 Likes bekommt und das aufwändige Naturfoto dann unbeachtet durchflutscht, dann merke ich immer, dass das eigentlich nicht die richtige Herangehensweise für mich ist. Ich finde, da ist das eigene Süppchen, das auch dann genau die Leute anzieht, die sich wirklich genug interessieren, um aktiv danach zu suchen, deutlich lohnender.

Martin: Für mich gibt es hier keinen Endeffekt – dafür ist das Thema zu fluide und verändert sich ständig. „Unter die Nase reiben“ finde ich eine interessante Definition, jedoch führt mich das wieder an den Beginn: Wer meine Fotos mag, darf mir folgen. Wer das Gefühl hat, Fotos unter die Nase gerieben zu bekommen, geht von allein. Finde ich gut und okay.

Und zu einem reifen Interpretationsprozess gehört auch, dass ich einschätzen kann, was ein Like bedeutet. Meine Fotos sind weder auf Instagram noch in anderen Netzwerken großartig erfolgreich. Ich bin es gewohnt, dass Katzenfotos mehr Likes bekommen. Doch die Bedeutung eines Likes ist abhängig davon, vom wem er kommt. Wenn mein Bürokollege Egon von Euwensz ein Foto mag, ist das für mich sehr wertvoll. Der würde meine Fotos gar nicht sehen, wenn ich sie bloggen würde. Weil er keine Blogs liest. Ist auch kein Problem für mich.

Sebastian: Zum ersten Punkt: Da müssen wir wohl zwei Sachen unterschieden – so reine Portfolio-Plattformen oder Facebook-Pages, bei denen der Nutzer selbst entscheidet im Sinne von „Ich abonniere das mal, weil es mir gefällt“, da stimme ich absolut Deiner Meinung zu.

Schwierig wird es bei richtigen Social-Media-Plattformen, bei denen eben das „social“ im Vordergrund steht. Dort ist man ja grundsätzlich mit Leuten aus völlig verschiedenen Kontexten als Privatperson verbunden, die eben teilweise auch gar nichts mit Fotografie zu tun haben. Und genau dort wird es irgendwann penetrante Eigenwerbung, wenn man so agiert.

Zu einem reifen Interpretationsprozess bezüglich Favs, Likes und dem Kram gehört anders herum meiner Meinung nach aber auch, dass man akzeptiert, dass man sich Feedback grundsätzlich schwer entziehen kann. Wenn Dir jemand dumme Kommentare unter Deine Bilder schreibt, kannst Du das nicht „unlesen“, genausowenig wie Du Dich dem entziehen kannst, wenn eines Deiner Bilder auf solchen Plattformen plötzlich „viral“ ist.

Ich glaube, das ist auf Dauer sehr fatal für den eigenen Schaffenprozess, jedes einzelne Bild immer sofort einer Öffentlichkeit zur Bewertung hinzuwerfen. Und das ist auf Facebook, Twitter und Instagram ein viel größeres Thema als auf dem eigenen Blog, wo es solche Mechanismen eben nicht gibt.

Martin: Das mit der Bewertung sehe ich anders. Ich zeige meine Fotos nicht, damit sie bewertet werden. Das war mir zu Beginn sehr wichtig, heute ist mir das nahezu egal. Ich zeige, was ich tue. Wenn das jemandem gefällt, schön. Wenn nicht, auch okay. Und wenn jemand sagt BUUUUUH, sehr gut. Dann habe ich einen Nerv getroffen. Passt für mich. Und in einem Netzwerk, bei dem mich jemand mit Eigenwerbung zuballert, kann ich ohne Probleme entfolgen, entfreunden, was auch immer. Das mache überhall. Kein Problem.

Sebastian: Ich zeige meine Bilder auch nicht, damit sie bewertet werden, ganz im Gegenteil, ich will sie im Netz ganz neutral ausstellen. So sind Facebook, Instagram und Konsorten aber nicht konstruiert. Die gewichten Inhalte nach Bewertung und heben sie hervor oder blenden sie entsprechend aus, denn die wollen ja, dass die Masse massenkompatibles Zeug anguckt und klickt und entsprechend wiederkommt, weil sie dort gut unterhalten wird. Und dann wird das noch extrem mit Dir als Person verknüpft, das heißt, das Bild an sich steht in keiner Weise irgendwo im Fokus.

Die Wirkung nach außen kommt zuletzt noch obendrauf und ist vielleicht sogar das größte Problem. Stell Dir vor, Du liest ein Buch oder gehst in eine Ausstellung und auf jeder Buchseite stehen irgendwelche Leserkommentare von Freunden des Autors unter dem Text oder neben den Bildern hängen Like- und Dislike-Anzeigen von den Arbeitskollegen des Künstlers. Etwas Scheußlicheres kann ich mir überhaupt nicht vorstellen; das macht jede eigene Interpretation und Beschäftigung mit Kunst kaputt. Deswegen deaktiviere ich überall dort, wo es geht, diese Sachen.

Martin: Instagram hebt meine Fotos nicht hervor, wenn sie mehr Likes haben als sonst. Und falls das irgendwann mal kommen sollte (mit „popular“ war es schonmal da), freut es mich, wenn es vorkommt, genauso wie Explore auf Flickr. Was für Dich hier ein Problem ist, ist für mich keines.

Außerdem: Wenn auf instagramm nur Bullshit-Bilder landen (was wie gesagt schwer davon abhängt, wem Du folgst), dann ist das nur noch mehr ein Grund, gute Fotos zu zeigen. Außerdem sage ich da frei nach Martin Parr: Du kannst nur wissen, was gut ist, wenn Du genügend Scheiße gesehen hast. Durch das ansehen schlechter Fotos kann man jede Menge lernen.

Sebastian: Den letzten Satz würde ich direkt umdrehen: Du kannst nur besser werden, wenn um Dich herum Leute und Bilder sind, die besser (vielleicht ist „erfahrener“ das bessere Wort, ich mag bei Fotografie nicht so gern von besser und schlechter reden) als Du selbst sind.

Wenn Du hingegen ständig Lob bekommst, weißt Du gar nicht, ob Du vielleicht der Einäugige unter den Blinden bist. Soziale Netzwerke, die Bilder berurteilen, sind mir jedenfalls höchst suspekt. Kunst ist ja nun keine Demokratie, in der eine Abstimmung funktioniert, die anzeigt, was die meisten Leute mögen. Oder siehst Du das anders?

Martin: Auf gar keinen Fall. Und Likes sagen nichts darüber aus, ob ein Foto gut oder schlecht ist. Sie sagen nur aus, dass es ganz vielen oder vielleicht nur einer Person gefällt. Die Gewichtung, was man dem beimisst, ist wohl das Entscheidende. Aber das pure Zeigen an sich finde ich nicht falsch, sondern wichtig. Warum bist Du eigentlich noch auf Facebook?

Sebastian: Kommunikation, auch Gruppen zu Fotografie und schlussendlich wohl auch das pure Zeigen der eigenen Arbeit. Darauf können wir uns ja offenbar einigen, auch wenn das so ein Sisyphos-Ding ist, das direkt wieder ins Niemandsland ruscht, weil niemand alte Facebookpostings liest.

Nochmal: Es ist ja egal, wie viel Gewichtung man Kommentaren und Likes beimisst. Spätestens durch andere lesende Personen und nach außen durch das System bekommt es Gewichtung. Gerade Facebook zeigt Dir ja oft nur „important posts“ von Deinen Kontakten überhaupt erst an, die durch diese Zahlen bestimmt werden. Und Du kannst ja nicht leugnen, dass Klickzahlen sogar auf vermeintlich seriösen Nachrichtenseiten die Messgröße sind, sich das fortsetzt auf alle diese Plattformen und inbesondere auch Bilder stark betrifft.

Martin: Das stimmt. Jedoch zeigt mir Instagram nicht nur „important posts“ an, sondern alle, denen ich folge. Zurück zum Thema: Die Demokratisierung der Fotografie hat eine Seite, die nicht allen Fotografen gefällt. Leute fotografieren ihr Essen, ihr Essen und … ihr Essen. Dass das vom anspruchsvollen Standpunkt gesehen nicht besonders wertvoll ist, will ich gar nicht widerlegen.

Jedoch das ganze Netzwerk dafür zu verteufeln, ist für mich keine besonders effektive Strategie. Da zeige ich lieber Fotos, die ich aus dem iPhone herausholen kann – und bewege vielleicht auch andere, es mir gleich zu tun. Übrigens gibt es viele Leute (und Freunde), über die ich auf Instagram viel mitbekomme. Das schätze ich sehr. Mit und ohne Anspruch. Allein deshalb würde ich nie auf die Idee kommen, meinen Account zu löschen.

Sebastian: Ich will ja auch gar nicht das ganze Netzwerk verteufeln, sondern eher diese „Ich geh da als ernsthafter Fotograf hin und zeige meine Bilder“-Seite hinterfragen bzw. fragen, ob sie wirklich sinnhaft ist. Als Portal für Katzenbilder und Fotos von Essen kann ich Instagram bequem ignorieren. Aber wie gehst Du mit der Vermischung um? Da stehen dann Deine Fotos neben verwackelten Urlaubsbildern, verschwinden im Stream, weil keiner zurückscrollt und alte Postings anguckt und Du weißt auch nie, ob Du jetzt für Freunde ein Privatbild oder für Follower ein ernsthaftes Foto einstellen sollst oder ob das nicht alles eh dasselbe ist. Es entwertet doch ein bisschen das eigene Tun.

Martin: Ehrlich gesagt habe ich darüber noch nie nachgedacht, egal in welchem Netzwerk. Denn selbiges findest Du auf Flickr, Deviantart, egal wo. Es gibt immer Tendenzen, zu denen ein Netzwerk neigt, aber nie 100% gleiche Fotos. Und wenn Du mein Blog abonnierst, verschwinden meine Postings genauso im Feed-Stream wie sonstwo auch. Ich sehe hier einfach keinen Unterschied.

Dazu kommt: Das iPhone als Kamera wird von immer mehr Menschen ernsthaft benutzt. Und das Netzwerk, das für diese Fotos gemacht ist, heißt instagram. Denn da werden zu 98% Smartphone-Bilder gepostet. Was auch der Grund ist, warum ich meine Fotos von der Fuji nicht dort zeigen werde. Dafür ist das Netzwerk nicht gemacht.

Sebastian: Also siehst Du ja offenbar doch einen Unterschied, wenn Du sagst, dass Du Deine Bilder von der Fuji nicht bei Instagram reinstellen würdest. Das Netzwerk sagt ja nirgendwo ausdrücklich „hier nur Smartphone-Bilder posten“. Instagram, Facebook und Twitter sind meiner Ansicht nach einfach mehr Social Networks, die für Unterhaltung und Kommuikation gemacht wurden. Dazu gehören dann natürlich auch Fotos, aber man sollte sich fragen, ob man Teil dieser sich endlos drehenden Unterhaltungsmaschine sein will.

Flickr, Deviantart und 500px sind für mich eher Netzwerke, auf denen Bilder ausgestellt werden. In ersteren geht es mehr um die Personen und ihre Verbinungen, in der zweiten Kategorie eher um die Bilder. Ich würde sagen, dass es von Vorteil ist, wenn man sich diese Unterschiede klar macht und genau überlegt, wo man seine Bilder überall reinwirft.

Martin: Den Unterschied mache ich deshalb, weil Instagram explizit aus dem Mobilen geboren und für’s Mobile gemacht ist. Das ist der Rahmen. Und Fotos vom iPhone sind für mich dort auch gut aufgehoben. Das ist auch der Grund, warum ich die Fuji-Fotos dort nicht poste. Ich respektiere das ungeschriebene Gesetz, dass dort nur Handy-Fotos gepostet werden. Außerdem glaube ich, dass es völlig egal ist, wo ein Foto zu sehen ist, wichtig ist, dass es überhaupt sichtbar gemacht wird. Ob das nun in einem Café, einer Kneipe oder einem Hochglanzmuseum ist. Das ist nur der Rahmen. Der Inhalt ist, was zählt.

Sebastian: Vor nicht allzu langer Zeit war mein Gedanke auch immer: Vergiss das Medium, nur der Inhalt zählt und das, was Du daraus machst. In Bezug auf verschiedene Netzplattformen würde ich inzwischen aber hinzufügen: Aber manche Kanäle begünstigen sehr stark bestimmte Inhalte und man muss gucken, wo man wirklich reinpasst. Also lösch endlich Deinen Instagram-Account.

Martin: Nein. Warum sollte ich?


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Vattenfall, Greenpeace und interaktive Fotografie

20 Jun

Ein Beitrag von: Holger Weber

??Als wir die Anfrage von Greenpeace bekamen, ein Kubikfoto zum Thema Braunkohletagebau zu produzieren, war das natürlich extrem cool. ?Man denkt sofort an riesige Maschinen, gigantische Löcher in der Landschaft, trashige Dörfer und skurrile Bewohner – ein gefundenes Fressen für jeden Fotografen!? Da unsere Produktionen extrem konzeptabhängig sind und jede Szene mit anderen Szenen verknüpft werden muss, steht vor der Fotografie (ja, ist natürlich immer so) sehr pingelige Recherche.

Kubikfotos sind übrigens auf Fotos und Film basierende, wirklich interaktiv erlebbare Welten, durch die sich der Betrachter nahezu frei bewegen kann. Wir haben dafür ein eigene Software entwickelt, die es uns erlaubt, auch sehr große und komplexe Projekte zu realisieren und alles an Funktionalitäten des Web 2.0 einzubinden.

Aber zurück zum Anfang. Da Greenpeace ebenfalls extrem genau und wahrheitsgemäß arbeiten muss, verbrachten wir die ersten Tage vor dem Rechner, dann weitere Tage vor Ort, um zu gucken, wo man was fotografieren kann, welche Leute etwas sagen wollen und wie das Thema überhaupt aussehen kann.

?Und plötzlich waren da keine tollen riesigen Maschinen mehr, sondern stählerne Monster, keine gigantischen Löcher, sondern die totale Zerstörungen einer wunderschönen Landschaft, keine trashigen Dörfer, sondern uralte gewachsene Kulturen und keine skurrilen Bewohner, sondern liebenswerte Menschen, die um ihre Heimat kämpfen müssen und das gegen die Regierung, eine steinreiche Lobby und die Behörden.

© Holger Weber
Der Tagebau Welzow-Süd, ein Ende der Grube sucht man am Horizont vergeblich.

Vattenfall © Holger Weber
Kein Tornado. Diese Katastrophe ist dauerhaft, allein in den drei Kraftwerken in der Lausitz werden jährlich über 52 Millionen Tonnen Braunkohle zu CO2 verwandelt.

Welzow Süd  © Holger Weber
Kippengelände: Hier wird über viele Generationen kein Mensch mehr leben können.

© Holger Weber
Eines von vielen Dörfern, die durch den Tagebau zum Geisterdorf werden.

Atterwasch © Holger Weber
In Atterwasch wurde die Installation einer Solaranlage auf einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude nicht genehmigt – ist ja auch verständlich – allerdings soll das gesamte Dorf inklusive der über 700 Jahre alten Kirche nebst Friedhof dem Tagebau weichen.

Proschim © Holger Weber
Proschim setzt schon lange und voll auf nachhaltige Energien und kann mit Solar-, Wind- und Biogasanlagen komplett die umliegenden Dörfer und Städte mit Strom versorgen. Proschim kommt natürlich auch unter den Bagger. Nein, das ist leider kein Witz.

Nochten © Holger Weber
Der Tagebau Nochten mit dem Kraftwerk Boxberg. Was aussieht wie ein Acker sind mehrere Meter hohe und kilometerlange Kippenfurchen.

Jänschwalde © Holger Weber
Der Tagebau Jänschwalde. Würde man die Förderbrücke aufstellen, würde sie den Eiffelturm um 180 m überragen.

Verockerung © Holger Weber
Das Rot kommt nicht aus Photoshop, sondern zeigt die durch den Tagebau entstehende extreme Verockerung, die sich auf den Spreewald zubewegt und alles Leben im Fluss über Jahrzehnte vernichtet.

Weißwasser © Holger Weber
Mitten im Märchenwald: Der Weißwasserurwald. Die Naturfotografen werden ihn kennen. Wer ihn sehen will, kann das nur noch hier, weil …

© Holger Weber
… er direkt hinter uns abgeräumt wurde. Diese Eiche war locker 300 Jahre alt.

Warme Hände © Holger Weber
Schön warme Hände sind garantiert, wenn man mit Stahl- und Alustativen arbeitet.

© Holger Weber
Beim ersten Locationcheck bei -12 °C ohne Türen in der Cessna.

Betreten verboten © Holger Weber
Für einige der Bilder haben wir uns tief in das „Betreten verboten“-Gelände gewagt, aber die Mitarbeiter von Vattenfall haben uns meistens sehr großzügig übersehen.

?Die Produktion lief über ein gutes halbes Jahr mit mehreren Aufnahmeterminen vor Ort. Wir haben insgesamt 271.000 MB Rohmaterial und 12.550 Dateien produziert, die wir zu einer 80 Szenen, 350 Dateien und 264 MB umfassenden Welt zusammengebaut haben. Das Ergebnis ist jetzt unter www.braunkohle.info explorierbar.


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Essay: Fotografie geht nicht allein

14 May

Eine Selbstoffenbarung: „Ich bin abhängig. Ich kann nicht ohne. Allein kann ich gar nichts.“ Ein Aussage, wie sie meines Erachtens fast jeder Fotograf unterschreiben könnte. Warum das so ist, möchte ich Euch im folgenden Artikel erklären.

Egal, was fotografiert wird: Immer finden sich im Bild Elemente, die nicht dem Geiste des Fotografen entsprungen sind. Eine Ausnahme wären lediglich Selbstportraits ohne erkennbaren Hintergrund. Ansonsten sind es Landschaften, Portraits, Stillleben und viele andere Dinge, die nur noch vom Fotografen eingefangen werden müssen.

Das schöne Landschaftsfoto würde es ohne eine von der Natur (und anderen Menschen) erschaffene Landschaft nicht geben. Ein Straßenfoto ist immer eine Kooperation, auch wenn sie ungewollt ist. Das Portrait ist die deutlichste Form der Kooperation, die Abhängigkeit zwischen Fotograf und Motiv ist hier besonders ausgeprägt.

Konradshofen © Normen Gadiel

Guckt Euch an dieser Stellte doch einfach mal Eure besten Fotos an und fragt Euch, ob Ihr vollkommen allein dafür verantwortlich gewesen seid oder ob Ihr von irgendetwas profitiert habt.

Ein Bauwerk hat in der Regel jemand anderes errichtet. Auf das Antlitz einer portraitierten Person hat der Fotograf auch keinen absoluten Einfluss. Obgleich er Mimik und Gestik mittels Anweisungen vorgeben kann, ist er dennoch auf die Bereitschaft der Person, dies umzusetzen, angewiesen. Und so könnte man noch viele andere Dinge aufzählen, die ein Fotograf als vorhandene Basis nutzt, um daraus eine Fotografie entstehen zu lassen.

© Normen Gadiel

Im Ganzen betrachtet, steht der Fotograf also immer in einer Abhängigkeit zum Motiv. Er kann sich nur durch seine Fähigkeiten, es durch Komposition, Belichtung, Fokus und so weiter in Szene zu setzen, auszeichnen.

Somit macht es eigentlich wenig Sinn, ein Foto zu signieren, da es nicht das alleinige Werk ist. Hypothetisch betrachtet: Man würde das Abfotografieren eines Kunstwerkes auch nicht durch ein Wasserzeichen als eigenes Werk kenntlich machen. Falls doch, hat die Wahrnehmung des eigenen Schaffens ihren Tiefpunkt erreicht.

Wie schwierig diese Trennung sein kann, zeigt sich bei Fotos der Menschenplastiken des Künstlers Ron Mueck. Hier kann das Foto einer Skulptur auch schon einmal als ein fotografisches Portrait durchgehen.

Das ist natürlich etwas überspitzt betrachtet und es wäre schade darum, wenn keiner mehr seine Fotos signieren würde, da man gar nicht mehr wüsste, von wem die Arbeit stammt. Ich bin jedenfalls immer dankbar für einen leisen Hinweis auf den Urheber.

Mittlerweile ist es auch üblich, die Namen von Modellen, Visagisten, Stylisten und weiteren Beteiligten mit zu veröffentlichen, allerdings geschieht dies meist nur in den Communities und auf den Webseiten der Fotografen. Museen und Verlagshäuser hat diese Verfahrensweise meines Wissens noch nicht erreicht.

© Normen Gadiel

Fotografie als Kunstform möchte ich durch meine Gedankengänge aber nicht in Frage stellen, wobei es viele bekannte Künstler wie etwa Jeff Wall oder Gregory Crewdson gibt, die bei ihren Arbeiten auf andere Personen angewiesen waren. Auch Andreas Gursky nutzt für die Nachbearbeitung seiner Bilder die Hilfe eines Bildbearbeiters.

Manchmal ist Fotografie halt wie ein Film, nur dass es dabei keinen Abspann mit den beteiligten Personen gibt.


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Fotografie ist Therapie

12 Apr

Ein Beitrag von: Laura Zalenga

Vor einer Weile schon ist mir etwas aufgefallen. Etwas, das mich überrascht hat und eigentlich doch ganz logisch ist.

Ich saß zufrieden in eine Decke gekuschelt auf dem Sofa und habe eine Zoosendung angesehen – ich finde, es gibt nichts Entspannenderes als Zoosendungen! – als mir plötzlich auffiel, dass ich schon seit fast zwei Wochen kein einziges Foto gemacht hatte. Über Jahre hatte ich nie länger als drei Tage keine Bilder gemacht. Wenn es sonst nichts gab, bin ich für Selbstportraits mit meiner Kamera losgezogen.

Wieso also lag das arme Wunderding nun so lange unbeachtet im Schrank? Ich hatte nicht weniger Zeit als sonst gehabt. Ich hatte einfach kein Bedürfnis, Fotos zu machen.

Laura Zalenga

Ich fing an, mich zu fragen, was mit mir los sei, suchte nach allen möglichen Gründen, fand aber nichts. Es dauerte noch eine ganze Weile bis mir etwas auffiel: Ich war zufrieden und ausgeglichen. Mir fiel kein einziges Problem ein, das mich beschäftigte, es ging mir einfach nur gut.

Zum ersten Mal begriff ich, dass das erste, was ich immer tat, wenn es mir schlecht ging, wenn ich traurig oder verwirrt war, wenn mich etwas sehr beschäftigte, war, dass ich mir meine Kamera schnappte und Fotos machen ging. Je mehr ich darüber nachdachte, desto offensichtlicher wurde es.

760 Fotos in meinem Flickrstream, davon 500 Selbstportraits und dennoch kennt fast keiner der Betrachter mein Lächeln. Wenn jemand über meine Fotografien schrieb, fielen Worte wie „ausdrucksstark“, „ehrlich“, „ungefilterte Emotion“, „verletzt“ und „dunkel“.

Laura Zalenga

Und sie haben Recht. Vor meiner Kamera lasse ich jede Fassade fallen, erzähle mit Blicken und Bewegungen davon, was mich bedrückt und sie hört zu, versteht mich und antwortet mit leisem Klicken. Es fühlt sich gut an, alles zeigen zu können und so ehrlich zu sein, wie man es nicht einmal zu seinem Spiegelbild ist. Während diesen Therapiestunden lasse ich alle Gefühle zu, die ich im Alltag hinter einem Vorhang verschleiere. Es fühlt sich an, als könnte ich meine Gefühle während des Fotografierens analysieren und ordnen.

Wenn ich meine Kamera dann schließlich ausschalte, geht es mir besser. Ich habe einen Teil der Trauer, der Wut, der Unsicherheit an meine Bilder abgegeben. Sie sind darin festgehalten und werden für immer eine Erinnerung sein. Ich kehre oft zu ihnen zurück und sehe, was sich verändert hat und was ich daraus gelernt habe.

Laura Zalenga

Wenn ich mir jetzt dieses Bild von meinem halbjährigen Auslandsaufenthalt in Cardiff ansehe, weiß ich wieder genau, wie ich mich gefühlt habe: Ich hatte Heimweh und vermisste Freunde und Familie, ich schaffte es einfach nicht, mich einzugewöhnen und der tägliche Regen trug nicht unbedingt zu einer besseren Stimmung bei.

Ich war so unglücklich wie lange nicht, wollte einfach nur weg. Abends auf dem Weg von der Uni zu meinem Zimmer hatte die Kamera wie immer im Rucksack dabei und als ich den kleinen von Laternen gesäumten Weg entlang ging, war es plötzlich glasklar, dass ich sie herausnahm, auf das Stativ stellte und mir selbst eine Therapiestunde verschrieb. Es tat unglaublich gut, die Alles-okay-Fassade abzulegen und zu zeigen, was ich fühlte.

Wenn man dann erst einmal alle negativen Gefühle freigesetzt hat, ist auch endlich wieder Platz für positive.

Laura Zalenga

Ja, wahrscheinlich würde ich mich nun auch selbst für ein wenig komisch halten und nach Tassen in meinem Schrank suchen, wenn ich nicht unter vielen Fotos im Netz die Notiz „self portrait therapy“ gefunden hätte.

Es geht also nicht nur mir so. Es scheint, als würde diese Therapie bevorzugt mit Hilfe von Selbstportraits funktionieren. Wahrscheinlich, weil man sich so intensiv mit sich selbst auseinandersetzt. Es wäre jedoch sehr interessant zu erfahren, ob auch Fotografen aus ganz anderen Genres diese Erfahrung machen.

Ich bin jedenfalls dankbar, dass ich zwei meiner Fotografenfreunde überreden konnte, im Folgenden auch ihre Erfahrungen preiszugeben.

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Nikolas: „Fotografie als Therapie – für mich? Ich könnte jetzt so ganz plump sagen: Alle meine Fotos und der Prozess dahinter, der ganze Gedanke, all das wirkt auf mich wie eine Therapie. Und das wäre nicht mal gelogen. Gerade diese Wirkung von Kunst, neben der Ehrlichkeit, die durch das Fotografieren ermöglicht wird, ist enorm wichtig für mich.

Nikolas

Aber speziell diese eine Serie, ‚memorials‘, entstand in erster Linie aus dem Antrieb, Gefühle und Erinnerungen zu verarbeiten. Zu sehen sind Orte allseits gewöhnlich; eine Straße, eine Wiese, für andere nichts Besonderes. Aber eben genau diese Orte sind für mich so viel mehr als nur ein wenig Asphalt oder ein paar Grashalme, wild aneinander geordnet.

Nein, diese Orte sind ein Teil von mir. Also fing ich an, diese Teile genauer zu betrachten: An was erinnern sie mich, welche Gefühle geben sie mir, wie fühle ich mich eigentlich gegenüber diesen Orten? All das habe ich in das Endergebnis mit einfließen lassen. In Licht, Schatten, Ausschnitt, Komposition. In diesen Moment, in dem ich nun da stand, die Kamera im Rücken, wie eine Statue. All das für ewig einzufangen, ein Denkmal zu erschaffen.

Wenn ich jetzt an diesen Orten bin, sind sie nicht mehr wirre Gedanken – noch weniger sind es die Erinnerungen, die an ihnen stattfanden. Es ist nicht mehr dieser Kuss, all diese unverständlichen Tränen, dieses flatternde Gefühl in meinem Bauch, sein Gesicht, unser Abenteuer – es ist alles verpackt, geordnet. Schön und ordentlich zusammengekehrt wie welkes, nasses Laub, dekorativ zu einem Haufen.

Nikolas

Jetzt habe ich damit abgeschlossen. Ferner, aber immer noch nah. Greifbar eben, immer wieder abrufbar. Diese Orte sind jetzt mehr das Foto und all das, was dieses Foto für mich bedeutet. Nicht mehr und nicht weniger. Ich denke, kein Therapeut könnte mich dazu bringen, in dem Maße mit etwas abzuschließen, wie ich es mit dieser Serie tue.

Und das Schönste an all dem ist, dass sie kein Ende nimmt. Es werden immer neue Orte kommen, neue Erinnerungen und es werden immer neue Fotos entstehen. Es ist wie ein Tagebuch, wenn auch in einem anderen Maße und wenn ich so darüber nachdenke, werde ich wohl niemals damit aufhören. Niemals dieser Serie ein Ende setzen. Und das ist irgendwie ein positiver Gedanke, der allein so schon beruhigend auf mich wirkt.“

Rona: „Es gibt nicht viele Dinge in meiner Welt, die mir so wichtig sind wie Freundschaften und wenn ich abends mit einem Lächeln auf dem Gesicht einschlafe, weil ich eine anregende und aufschlussreiche Konversation mit einem guten Freund hatte, dann hätte der Tag fast besser nicht sein können.

Rona

Und trotzdem stehe ich oft vor demselben Problem, auszudrücken, was mir am meisten bedeutet, in Worte zu fassen, was ich eigentlich unbedingt loswerden will und Informationen zufriedenstellend zu übermitteln, weil ich vielleicht nicht einmal selbst genau weiß, wie es mir mit einer bestimmten Situation wirklich geht.

Über die Jahre habe ich gelernt, auf eine andere Art zu kommunizieren, aber vor allem zu reflektieren. Erster Ansprechpartner ist bei wichtigen Ereignissen in meinem täglichen Leben oft meine Kamera, die mir unendliche Möglichkeiten bietet, mich durch sie auszudrücken, im fertigen Foto übermittelt, was ich nicht in der Lage war zu sagen und mir oftmals sogar neue Sichtweisen eröffnet. Manche Dinge können und sollen nicht in Worten ausgedrückt werden. Und manche Fotos müssen nicht in Worten, sondern in Gefühlen geschrieben werden.

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Es tut gut zu wissen, dass es zum Beispiel Rona und Nikolas ähnlich geht. Mit ihnen ist das gegenseitige Verständnis unserer Bilder auf einer ganz anderen Ebene. Aber nicht jeder kann sehen, was sie sehen und wissen, was sie wissen und genau deshalb kommen mir manchmal Zweifel.

Geht dieser emotionale Exhibitionismus zu weit? Gebe ich zu viel preis? Vermittle ich ein falsches Bild von mir? Menschen, die nur meine Bilder kennen, würden sich wundern, wie glücklich ich mit meinem Leben bin und wie viel ich lächle. Aber scheinbar brauche ich für all die positiven Momente eben keine Therapie.

Rona

Und nur um der Sache wegen, den Millionen von künstlichen Grinsebildern ein eigenes hinzuzufügen, in meinen Fotos quasi zu lügen? Nein, danke. Ich will echt sein. Und weil sie einfach so gut tun, diese echten Bilder, schiebe ich jeden Zweifel zur Seite.

Und ich glaube, genau deshalb schreiben mir immer wieder Menschen, dass sie sich in meinen Bildern wiedererkennen und dass sie die Emotionen darin berühren. Und gibt es etwas Schöneres, als die Betrachter mit einem Werk zu berühren? Für mich ist es das schönste Kompliment. Erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr das Motto meiner Fotografie genau dieses Gefühl wiederspiegelt: „Don’t look at me, just feel my soul.“

Also falls Ihr irgendwann denkt, Ihr könntet einen Therapeuten brauchen, schnappt Euch Eure Kamera. Diese Therapie ist kostenlos und die Schweigepflicht wird in 100% aller Fälle eingehalten. Ihr müsst Euch nicht auf ein Sofa legen, es gibt keine befristete Stundenanzahl und Euch muss absolut nichts peinlich sein. Für die kleinen Alltagssorgen ist sie jedenfalls ein Hausmittel, das es zu testen lohnt.


kwerfeldein – Fotografie Magazin

 
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Gedanken zur Fotografie – Kinderfotos

16 Jan

Ein jeder von uns kennt die Momente, in denen wir in die Kamera lächeln sollen, obwohl uns gerade gar nicht nach Lächeln zumute ist. Muss das sein? Ich denke nicht!

Manchmal beschäftigen mich Fragen, auf die ich selbst keine klare Antwort habe. Solch eine Frage ist zum Beispiel: Warum sehen viele Kinderfotos immer gleich aus? Oder warum machen so viele Berufsfotografen schreckliche Familienfotos?

Wie schon gesagt habe ich darauf keine Antwort, aber vielleicht kann ich durch meine Gedanken dazu ein paar Eltern dazu bewegen, etwas mehr über die Kinderfotos nachzudenken und auch mal neue Wege einzuschlagen.

Was mir in diesem Zusammhang auch immer in den Sinn kommt, ist, dass gerade Kinder seitens ihrer Eltern schon in jungen Jahren auf ein „gefälschtes“ Lachen gepolt werden. Lach doch mal, du brauchst doch vor der (unsympathischen) Tante Erika keine Angst haben.

Oder bezogen auf die Fotografie sollen Kinder möglichst auf jedem Foto ihr schönstes Lächeln zeigen. Das führt am Ende so weit, dass sie sich urplötzlich anders verhalten, sobald eine Kamera auf sie gerichtet wird.

Für Kinder ist die Kamera dann eine Art Bühne. Vorhang auf, hier bin ich der Star. Ihre Eltern nehmen dabei gern die Rolle des Souffleurs ein: „Jetzt lach doch mal, wir wollen doch ein schönes Bild von Dir haben!“

So oder so ähnlich spielt es sich in vielen Haushalten ab. Die dabei entstandenen Bilder sind die späteren Erinnerungen, jedoch haben diese ein Manko: Die Fotos wurden gestellt, inszeniert oder geplant, wie auch immer, irgendwie sind sie nicht authentisch. Sollte ein aufgesetztes Grinsen tatsächlich der Grund sein, aus dem ein Foto erst schön ist? Da mache ich nicht mit.

Fotos für Verwandtschaft

Viele werden sich jetzt fragen, wie das mit Familienfotos für die Verwandtschaft funktionieren soll. Eine Möglichkeit bestünde darin, für so ein Foto nicht ins Studio zu gehen, sondern sich in der gewohnten Umgebung, zum Beispiel im eigenen Haus oder Garten, aufzuhalten und einen schönen Tag mit der Familie zu haben.

Für das Foto wäre es dann nur wichtig, sich Zeit zu nehmen. Mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit entstehen an so einem Tag dann auch ungestellt fröhliche Fotos, die sich hervorragend zum Verschenken eignen.

Beim Fotografieren auch mal die rosa Brille absetzen

Zum Verschenken eignen sich sicherlich nicht Fotos, auf denen Kinder oder Eltern traurig sind, aber auch diese Momente sind es wert, festgehalten zu werden.

Denn das Betrachten von Fotos, auf denen alle Personen glücklich erscheinen, suggeriert einem später, dass die Zeit immer sehr schön war. Von der Anstrengung, ein Kind groß zu ziehen, sieht man meistens nur wenig.

Auch wenn es schwer fällt: Warum nicht auch mal den Moment festhalten, wie es aussieht, wenn man um 3 Uhr nachts aufsteht, um nach dem Kind zu sehen?

Viele Kinder waren auch schon einmal im Krankenhaus, davon gibt es allerdings eher selten Fotos. Da sich Kinder oftmals nur schlecht an diese Zeit erinnern, können Fotos, die in scheinbar unpassenden Momenten aufgenommen wurden, später wichtige Zeitdokumente für das Kind sein.

Wie wäre es also damit, in Zukunft bewusster Fotos von den Kindern zu machen? Die Speicherkarten und Festplatten vom tausendsten gestellten Foto zu verschonen und einfach auf das unverfälschte Foto zu warten?


kwerfeldein – Fotografie Magazin

 
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14 und schon verrückt nach Fotografie: Just be CRAZY!

09 Dec

Ein Beitrag von: Justus Ullrich

Vor einiger Zeit stellte ich meine erste Serie „Just be CRAZY“ fertig. Die Idee zum Projekt kam mir, als ich auf dem Weg zur Schule war. In der Straßenbahn sah ich viele ernste Gesichter. Ich fragte mich, wie ich mit Hilfe meines Hobbys, der Fotografie, auf so ernste Gesichter ein Lächeln zaubern könnte.

Ganz nach dem Zitat von Peter Bamm: „Albernheit ist eine Erholung von der Umwelt“, plante ich mein Projekt. So entstand nach kurzer Zeit der erste Lichtaufbau. Wenig später machte ich das erste Foto zur Serie.

„Just be CRAZY“ besteht aus über 30 Fotografien, die ich von Menschen aller Generationen von sieben bis 80 Jahren angefertigt habe. Schon während des Fotografierens haben alle Beteiligten ihre ernsten Mienen verloren und wir hatten viel Spaß.

Am Tag des Shootings erklärte ich den Menschen, die ich porträtieren wollte, das Konzept der Serie. Dann bat ich die Personen, auf einem Hocker Platz zu nehmen und erklärte bei Interesse noch den Lichtaufbau.

Nachdem ich die Fotos angefertigt hatte, übertrug ich sie gleich auf meinen Mac und ließ die Porträtierten am Auswahlprozess teilhaben. Ich freue mich jedes Mal, wenn Menschen eine ganz andere Seite vor der Kamera zeigen als die, die man sonst von ihnen kennt. In der Nachbearbeitung wurden bei allen Fotos die Kontraste in Photoshop angehoben und die Farbwerte geändert.

Die Fotos machte ich alle mit einer Canon 60D und einem Tamron f/2.8 17-50mm. Für „Just be CRAZY“ entwarf ich einen relativ simplen Lichtaufbau: Als Hauptlicht platzierte ich einen Studioblitz von oben mit einem zirka 1m großen Durchlichtschirm, von rechts beleuchtete ich ebenfalls mit einem Durchlichtschirm, von links hellte ich das Modell mit einem weißen Reflektor auf.

Einige Menschen setzten zudem ihre albernsten Gesichter nur für wenige Sekunden auf. So musste ich im richtigen Moment auf den Auslöser drücken! Auch wenn ich auf Planung und bewusste Gestaltung Wert lege, möchte ich, dass auf den Fotos das Individuelle und die Spontanität der Fotografierten Platz haben.

Zu der Fotografie kam ich hauptsächlich durch meinen Vater, der noch eine Canon 350D besaß, mit der ich meine ersten Erfahrungen sammelte. Allerdings möchte ich nicht ausschließen, dass auch der Spiegelreflexkamera-Trend bei Jugendlichen dazu beitrug.

Doch schon bald war ernsthaftes Interesse in mir geweckt und ich fing an, mich mit Hilfe des Internets und Büchern in die Marterie einzuarbeiten. Bei der Durchführung von „Just be CRAZY“ bekam ich hauptsächlich Tipps aus dem Internet. Mittlerweile durfte ich bereits bei einigen Shootings dabei sein und eine Menge von verschiedenen Fotografen lernen.

Zu meinen fotografischen Vorbilder zähle ich: Marisa Fernandes, Edgar Berg, Moritz Paul, Cintia Barrosso Alexander, Jan Hinkel, Ondro Ovesny, Katja Kuhl und viele andere. Wenn ich alle aufzählen müsste, würde ich wahrscheinlich über 120 Namen nennen.


kwerfeldein – Fotografie Magazin

 
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Hochzeitsfotografie – Das Stiefkind der Fotografie?

07 Dec

Ein Beitrag von: Katrin Dinkel

Der alte Standard der Hochzeitsfotografie hat sich in die Köpfe der Menschen gebrannt wie kaum etwas Anderes in der Fotografie. Darum werde ich im ersten Moment auch oftmals belächelt, wenn ich erzähle, dass ich mich auf Hochzeitsreportagen spezialisiert habe.

Es zwingen sich automatisch die beliebigen und austauschbaren Fotografien auf – unter, neben oder vor dem Baum oder auf der Wiese vor dem Standesamt, vor der Kirche. Mit tief eingefrorenem Lächeln, künstlich – unnatürlich. So kann man die Hochzeitsfotografie durch ihre Geschichte wohl als das Stiefkind der Fotografie bezeichnen.

Nur wenige Fotografen machen sie offenbar wirklich gerne, da kein Paar diesen Tag wiederholen wird und alles an diesem Tag perfekt sein muss. Der Druck auf den Fotografen scheint enorm, wenn man überlegt, dass natürlich auch die Bilder perfekt sein müssen, an einem scheinbar perfekten Tag.

Die Bilder sind es dennoch oftmals nicht, weil man aufgrund dessen gerne auf Sicherheit geht. Gestellt, gegrinst, gekünstelt und möglichst alles in ganz scharf. Gerne nachträglich mit einer Vignette versehen, die den Hintergrund im Einheitsschlamm verschwinden lässt, um das strahlende Paar hervorzuheben.

Das ist jedoch schon seit geraumer Zeit gar nicht mehr so. Nur wer weiß das? Wer befasst sich im Speziellen mit Hochzeitsfotografie, der sich allgemein für Fotografie interessiert und nicht zufällig im Kalender für das nächste Jahr seinen eigenen Hochzeitstermin stehen hat?

Kaum jemand. Ausnahmen gibt es aber immer und das schafft auch den Raum, den Erfolg der Kunst in diesem Bereich überhaupt erst möglich zu machen. Und die Zeit. Zeiten ändern sich. Damit auch der Anspruch an diese Fotografie. Bei den Paaren und bei den Kollegen.

Es wird gesellschaftsfähig und lukrativ, als künstlerischer Fotograf seinen Horizont auch in diese Richtung zu erweitern oder sich gar darauf zu spezialisieren. Aber es muss einem auch unbedingt liegen, denn ohne die Leidenschaft für diese Feste entstehen auch leidenschaftslose Bilder.

Aber wo ist das nicht so, auch berufsübergreifend gesehen? Sobald die Liebe zu seinem Job fehlt, wird es zu einem bloßen Abreißen der Tätigkeit, nur um davon leben zu können.

Ich liebe meinen Job und lasse meine Kunden Teil davon werden, lerne sie bereits im Vorfeld intensiv kennen und gehe anfangs immer erst davon aus, dass man sich vor einer Kamera eher unwohl fühlt.

Die Basis, um offene und individuelle Bilder machen zu können, liegt im Vertrauen und darin, dass man seine Scheu vor mir und meiner Kamera verloren haben muss. Wer einen Profifotografen bucht, hat nicht automatisch auch Spaß daran, sich fotografieren zu lassen.

Ich möchte behaupten, dass wir alle wissen, was ich meine, wenn sich die Natürlichkeit in unentspanntes Posieren ändert, sobald im Bewusstsein das Gefühl auftaucht, dass man in diesem Moment fotografiert wird.

Man möchte doch schön aussehen und schon ist genau das dahin. Dann lasse ich die Technik vom Auge sinken, lächle, schüttele leicht den Kopf, drehe mich auf dem Absatz rum und komme später wieder – möglichst unbemerkt.

Weiter gehöre ich zu den Fotografen, die sich auch selbst vor der Kamera wohlfühlen. Was ich von meinen Kunden verlange, würde ich auch selbst tun. Wenn sich meine Kunden vor der Kamera entspannen sollen, dann muss ich das vor einem fremden Objektiv auch können. Wenn ich ungewöhnliche Dinge vorschlage, dann muss ich auch selbst bereit sein, diese zu tun.

Die Persönlichkeit zwischen meinen Kunden und mir geht darüber hinaus, einfach nur zu erfahren, wie, wann und wo man sich kennen gelernt hat und wie der Tag geplant ist. Bei manchen Paaren weiß ich das sogar bis heute nicht, weil es für meine Arbeit nicht immer relevant ist. Aber die Persönlichkeiten sind es.

Ich erfahre, wer sie sind und sie erfahren, wer ich bin. Meine eigene Geschichte ist äußerst ungewöhnlich und meine offene Art, damit umzugehen hilft, das Vertrauen zu schaffen, das notwendig ist – darüber in diesem Artikel zu schreiben würde jedoch den Rahmen sprengen. Dadurch entstehen manchmal sogar sehr enge Bekanntschaften, die über den Hochzeitstermin hinaus gehen.

Ich gebe viel Persönliches preis, was man nicht erwartet, was aber mit der Grund ist, warum ich heute fotografiere. Hochzeiten und vor allem die Vorbereitungen sind sehr intim – wenn ich Teil der Gesellschaft werden will, um viel Nähe in die Bilder zu bekommen, dann ist intime Persönlichkeit sehr wichtig. Auf beiden Seiten.

Ist ein Paar beim Kennenlernen jedoch nicht bereit, sich zu öffnen, mag schwarzweiße Fotografie nicht und verlangt stattdessen von mir Sepiafotos, dann sage ich ab, weil ich die falsche Fotografin für diesen Auftrag bin. Ansonsten ist es für mich jedes Mal eine neue Herausforderung und ein Überraschungsei.

Am Anfang des Tages weiß ich noch nicht, was ich am Ende mit nach Hause nehmen werde und am Ende des Tages weiß ich noch nicht, welchen Schliff ich den Bildern verpasse. Aber den Geschmack der Schokolade kenne und liebe ich. Jede Reportage ist anders, jedes Ergebnis individuell. Die Menschen sind nicht austauschbar.


Was fotografisch an diesem Tag alles möglich sein kann, liegt bei den Paaren, den Ideen des Fotografen und bei der Chemie, die stimmt. Je ausgefallener, desto besser. Die wenigsten glauben mir, dass sich die Bräute auch während der Hochzeit mit ihrem Kleid ins Wasser stellen und dass die Bilder nicht im Nachhinein als „Trash the dress“ entstanden sind.

Verrückt? Vielleicht, aber wenn man offen dafür ist, dann wird der Tag wirklich absolut unvergesslich – auch, wenn die Braut und die Fotografin nach Seetang stinken, weil die Ostsee voll davon und voll Quallen war… man besorgt sich ein zweites Kleid und hat einen zweiten Anzug parat, um im Pool der gemieteten Villa Unterwasseraufnahmen zu machen.

Im Garten steht aber auch ein Trampolin und das Hauptkleid wird beim Springen auf selbigem zerrissen. Dann geht es eben mit dem Kleid in den Pool und das zweite Kleid, viel Gelassenheit und Spaß bestimmen den Abend.

Mein Assistent drückt im Mini Cabrio ordentlich auf’s Gas, um am großen Stern mehrfach rasant um die Siegessäule zu fahren, das jauchzende und knutschende Brautpaar auf der Rückbank. Der segelnde Bräutigam, der sich im Anzug auf seine Nussschale auf die Ostsee begibt und mich, im Neoprenanzug, mitnimmt.

Die Passanten, die an der Seite stehen bleiben, weil sie glauben, mein Bild zu stören und nicht wissen, dass genau sie es sind, die ich im Bild haben will… Die Paare wissen das und nicht selten sind sie es, die die Leute zum Weiterlaufen bewegen.

Oder die Braut, die mir mit strahlendem Gesicht den Vorschlag macht, mit mir die Klamotten zu tauschen und ich als Braut verkleidet mit einer kopflosen Bräutigamfigur ein Selbstauslöserfoto mache.

Das sind Geschichten und die Bilder dazu, die man immer wieder gerne hervorholt. Die Paare nehmen sich selbst den Raum für sich – es ist deren Hochzeit. Also macht selbst, was ihr wollt. Je verrückter und entspannter, desto freier und glücklicher.

Mein persönlicher Anspruch an meine Arbeit ist ähnlich hoch wie die Wichtigkeit der Hochzeit für das Paar und Tränen bei der Übergabe der Bilder sind das wertvollste Trinkgeld, das ich mir vorstellen kann.

Mittlerweile lässt sich aber auch eindeutig der Trend eines neuen Standards erkennen. Die immer wiederkehrenden Fotografien des hängenden Kleides vor dem Fenster, Makroaufnahmen von Schuhen, Ringen und Details der Deko. Alles möglichst Vintage.

Ich spreche mich mit Sicherheit nicht davon frei, durchaus auch ähnlich zu fotografieren, aber ich ertappe mich dabei, dass ich davon immer wieder gelangweilt bin, weil ich es schon zu oft gesehen habe. So suche ich stets den anderen Winkel, eine andere Idee und ich möchte Bilder erschaffen, die man nicht sofort in eine Hochzeit einordnen würde.

Manchmal ist das schwer, wenn ich nicht sehe, was ich an einem anderen Tag vielleicht gesehen hätte oder die Location macht mir einen Strich durch die Rechnung, weil sich einfach nichts anbietet, um es ungewöhnlich in Szene zu setzen.

Das jedoch liegt nicht an den Räumlichkeiten, das liegt einzig und allein an meiner Unfähigkeit, es an diesem Tag besser zu machen. Aber dafür bin ich Mensch und ich arbeite mit dem, was mir gegeben ist.

Was mich erst kürzlich allerdings erschreckt hat, sind manche Internetseiten von Kollegen. Hochzeitsfotografie, entstanden in einem Workshop, „verkauft“ als eigene Hochzeitsfotografie. Sonst nur ein paar Aufnahmen von maximal zwei anderen Hochzeiten, diese auch nur sehr gering gehalten, weil die Workshop-Ergebnisse mit eingekauften Bearbeitungsvorgaben die Masse anziehen sollen.

Das alles für einen stolzen Preis – eigene Erfahrung in dem Bereich? Nur wenig. Und da sieht man, was heute auch möglich ist: Alles, was man braucht, ist ‘ne schicke Kamera, der Besuch eines Workshops, die Hochzeitsbilder der Freunde, die man fotografisch begleitet hat und los geht’s in’s große Business der Hochzeitsfotografie, denn besser als der Standard ist man allemal…

Bei einigen jedoch weit gefehlt, Eintagsfliegen und traurige Paare.

Workshopergebnisse sind noch lange keine Hochzeitsfotografie, aber solange man sie als solche verkaufen kann und Paare das natürlich nicht erkennen, wird es das immer wieder geben. Das stößt mir etwas bitter auf, die Kollegen lügen sich am Ende selbst in die Tasche und lassen enttäuschte Paare zurück.

Meine Gelassenheit kommt jedoch zurück, wenn ich daran denke, dass diejenigen auf der Strecke bleiben, die viel versprechen und das nicht halten können, die kopieren und sich nicht selbst entwickeln.

Der Markt, der sich selbst reguliert, mir tut es nur für die Paare leid und hier haben wir es wieder: Diesen Tag wiederholt man nicht. Es gibt aber auch viele tolle Talente, die sich sehr wohl entwickeln und Erfolg damit haben. Zu Recht und ich freue mich über und für jeden einzelnen.

Ich gebe jedem den Raum, den er sich selbst erschafft, sehe hier keine Konkurrenz, sondern Kollegen. Die Geschmäcker der Kunden sind so unterschiedlich und vielfältig und es muss immer für jeden etwas dabei sein. Ich höre es auf den Hochzeiten von den Gästen jedoch immer wieder:

Wie leicht die Fotografie durch die Technik doch geworden zu sein scheint, man mit solchen tollen Kameras natürlich nur gute Fotos machen kann. Wie ich mich jedes Mal über die Gesichter freue, wenn ich ihnen die Kamera in die Hand drücke und sage: „Super, dann zeig mal!“ – und nach drei bis fünf Auslösungen die Frage kommt: „Warum ist bei mir immer nur der Hintergrund scharf und nicht Du und bei Dir ist das anders, es ist doch dieselbe Kamera?“

Soso, die (Hochzeits-)Fotografie ist also leicht geworden? Nein, ist sie nicht. Sie ist schwierig. Vor allem aber ist sie sehr wertvoll, solange die eigene Leidenschaft das umzusetzen und zu transportieren versteht, was die Paare fühlen.

Stiefkind der Fotografie? Mitnichten. Es hat sich eine eigene Kunstform entwickelt, die stetig mehr Anhänger findet. Sollte sich dieser Trend weiter entwickeln und festigen, werden wir vielleicht sogar bald Hochzeitsbilder in Galerien finden können.

Warum auch nicht? Fotos, die unabhängig vom Entstehungskontext eine ganz eigene Sprache haben, haben auch das Potential, von einem kunstinteressierten Publikum auf anderer Ebene wertgeschätzt zu werden.


kwerfeldein – Fotografie Magazin

 
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