Was passiert, wenn ein Bankier sein Vermögen in Kunst und Kultur investiert, um ein Zeichen zur Völkerverständigung zu setzen? Was klingt wie eine Utopie, gab es Anfang des 20. Jahrhunderts aber wirklich.
Der Franzose Albert Kahn ließ verschiedene Fotografen mit der neuen Technik der Brüder Lumière um die Welt reisen, um ein Archiv des Planeten anzulegen. So entstand ein Archiv mit über 70.000 Farbaufnahmen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Eine unglaubliche Zahl, bedenkt man zudem, dass es sich um Bilder auf sogenannten Autochromplatten handelt.
Kahn hielt so eine Zeit fest, die kurz vor dem Umbruch stand. Die Situation vor dem ersten Weltkrieg in Europa, Kulturen und Traditionen auf der ganzen Welt, die nur kurz darauf verloren gingen. Die Bilder des Archivs erzählen von einer vergangenen Welt.
Dieser Bilderschatz steht im Zentrum der Ausstellung „1914 – Welt in Farbe“ des LVR-LandesMuseum Bonn, die vom 24. September 2013 bis zum 23. März 2014 nahe des Hauptbahnhofes läuft. Auch eine weitere Anreise sind diese Fotos sicher wert. Wer jedoch nicht das Glück hat, wie ich in Bonn zu leben, der kann sich vielleicht etwas mit dem zur Ausstellung gehörenden Buch „1914 – Welt in Farbe. Farbfotografie vor dem Krieg.“* trösten.
Die Schärfe und Farbintensität der alten Autochrome sind beeindruckend und kommen auch im Buch wunderbar zur Geltung. Die Rottöne stechen dabei besonders hervor. Beim Durchsehen der alten Bilder entsteht fast ein bisschen Wehmut über den Verlust dieses alten Fotoverfahrens. Diese Bilder haben ihren ganz eigenen Charme.
Neben der Sammlung Albert Kahns sind auch Bilder aus einer weiteren Sammlung vertreten: Die Farbfotos des russischen Fotografen Sergej M. Prokudin-Gorskii, der ab 1905 im Auftrag des letzten Zaren Russlands, Nikolaus II., das gesamte russische Reich systematisch dokumentieren wollte. Aus diesem beinahe unmöglichen Auftrag sind bis heute noch über 10.000 Aufnahmen erhalten.
Gorskii arbeitete mit einer anderen Technik zur Erstellung von Farbaufnahmen, die er selbst entwickelte. Er belichtete kurz hintereinander drei monochrome Fotoplatten mit jeweils unterschiedlichen Farbfiltern in Rot, Grün und Blau. Diese Farbaufnahmen reichen qualitativ nicht an die Autochrome der Brüder Lumière heran. Die Farben sind nicht immer originalgetreu und oft muten die Fotos dadurch ein wenig surrealistisch an. Beeindruckend sind sie dennoch, ohne Frage.
Auch die Fotos des deutschen Pioniers der Fototechnik, Adolf Miethe, sind in der Ausstellung zu sehen. Im Buch liegt der Schwerpunkt auf dem Archiv von Albert Kahn, lediglich neun der insgesamt 135 Abbildungen stammen von Gorskii. Empfehlenswert ist das Buch dennoch. Die Bilder haben auf dem Format von 24 x 28 cm auch ausreichend Platz, die Farben wirken großartig, zudem enthält es viele begleitende Texte.
Das Buch
1914 – Welt in Farbe. Farbfotografie vor dem Krieg.*
Broschiert, 144 Seiten
Im Verlag Hatje Cantz erschienen
Preis: 24,80 €
Die Ausstellung
1914 – Welt in Farbe
Zeit: 24. September 2013 – 23. März 2014
Ort: LVR-LandesMuseum Bonn
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kwerfeldein – Fotografie Magazin
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