Die Auseinandersetzung mit der eigenen Technik kann ganz schön aufschlussreich sein, wie ich beim Schreiben dieses Artikels merkte. Ich halte es für wichtig, sich zu überlegen, aus welchen Gründen man sich für sein Handwerkszeug entscheidet, wie sich Bedürfnisse entwickeln und welche Faktoren bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen.
Bei mir war entscheidend, wie sich meine Beziehung zur Fotografie entwickelt hat. Ich fange mal vorn an.
Vor Jahren kaufte ich mir, naiver Weise irgendeinem Testbericht glaubend, eine Bridgekamera. Im Nachhinein frage ich mich zwar, warum, aber eigentlich ist es auch egal. Diese Kamera war mein Einstieg in die Fotografie, abgesehen von einer analogen Kompaktkamera, die APS Filme fraß.
Lange blieb ich dabei aber nicht, weil ich merkte, dass es mir im Vergleich zu einer DSLR an entscheidenden Merkmalen fehlte. Also verkaufte ich sie wieder und legte mir eine gebrauchte Canon 350D* zu, zusammen mit dem 18-55-mm-Kitobjektiv. Das waren schon ganz andere Welten. Ich fotografierte damals einfach alles, was mit vor die Linse kam und verknüpfte auch meine Leidenschaft für Konzerte damit.
Vor der ersten Reise mit Kamera im Gepäck hatte ich das Gefühl, mich so weit entwickelt zu haben, dass ein weiteres Objektiv dazu kommen konnte. Da ich oft auf Konzerten mit schlechten Lichtverhältnissen fotografierte, fiel die Wahl, auch wegen des Preises, auf das Canon 50 mm f/1.8*.
Ab diesem Moment hielt mich die Offenblende in Faszination gefangen, die Kitlinse verschwand im Schrank und kam auch erst wieder raus, als ich sie verkauft habe. Zwischen Reise- und Konzertfotografie kamen immer mehr Portraits hinzu, immer mehr Geschichten und Konzepte, die ich umsetzen wollte.
Die Canon 350D habe ich irgendwann, nach einer Auslösezahl jenseits von Gut und Böse, an einen Freund verschenkt und mir konsequenterweise eine Canon 550D* gekauft. Für Landschaftsaufnahmen kam ein Tamron 10-24 mm f/3.5-4.5* dazu, das 50 mm bekam irgendwann ein Upgrade auf die f/1.4-Version*, um meine Tiefenschärfe-Faszinazion zu befriedigen.
Für Konzertaufnahmen besorgte ich mir, des Preises wegen, einen Yongnuo YN-460-II*, den ich komplett manuell einstelle. Der Ultraweitwinkel-Effekt des Tarmron war genau das, was ich für Landschaften, aber auch für Konzerte haben wollte, die geringe Lichtstärke störte mich nicht, da ich auf Konzerten, um kürzere Verschlusszeiten zu verwenden, den Blitz nutzte und Landschaftsaufnahmen ohnehin bei eher geschlossener Blende machte.
Mit dieser Ausrüstung war ich absolut glücklich. Bis ich mich, aus der Not heraus, umstellen musste. Während eines Praktikums in Kambodscha legte meine Kamera eine Bruchlandung hin: Runter von dem hohen Regal, auf dem ich sie vor den Mäusen schützen wollte, die bereits die Gummiteile angeknabbert hatten. Zerbrochen war zwar nichts, aber der Autofokus machte ab sofort nur noch, was er wollte.
Für mich unvorstellbar, den Rest der Zeit dort ohne funktionstüchtige Kamera zu verbringen, machte ich mich auf den Weg nach Phnom Penh, wo es eine Handvoll Fotogeschäfte gibt, zum Vergleichen der Preise. Der Plan sah vor, einfach eine neue 550D zu kaufen, die alte daheim reparieren zu lassen und zu verkaufen. Nur musste ich feststellen, dass alle APS-C-Kameras dort teurer waren als zuhause in Deutschland. Mein toller Plan wäre also nur mit Verlust aufgegangen. Dafür, obwohl ich preislich nicht daran denken wollte, waren sämtliche Vollformat-Kameras erheblich billiger.
Nach einigem Ringen mit mir und dem Bankkonto kaufte ich also dort eine Canon 5D Mark II*. Im Nachhinein die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Ich möchte nicht mehr ohne sie arbeiten. Vor allem das Rauschverhalten auch bei hohen ISO-Werten und die hohe Auflösung geben meinem Hang zu düsteren Motiven optimale Möglichkeiten. Auch meine Objektive habe ich allesamt aufgrund der Lichtstärke ausgewählt.
Mein geliebter Tamron-Weitwinkel war leider nicht vollformat-tauglich und musste daher weg. Ersetzt hat ihn das Canon 28 mm f/1.8*. Das ist zwar, auch am Vollformatsensor, kein Vergleich zu den 10 mm, aber für mich absolut ausreichend, vor allem in Kombination mit der Lichtstärke.
Mittlerweile hatte sich in mir eine starke Vorliebe für Festbrennweiten entwickelt. Die Einschränkungen in Sachen Bildausschnitt und die Notwendigkeit, mich mehr bewegen zu müssen, stoßen eine kreativen Prozess in mir an, der sicher anders verlaufen würde, wenn ich einfach nur am Objektiv drehen müsste.
Quasi vervollständigt wurde meine aktuelle Ausrüstung durch das Canon 85 mm f/1.8*, das ich gerade für Portraits auch nicht mehr hergeben würde. Mit diesen drei Linsen und der 5D bin ich derzeit wunschlos glücklich. Zumindest fast. Wenn in tropischen Gebieten das Objektiv innen kondensiert und man den halben Tag nur weißen Schleier sieht, fängt man gedanklich schon an, auf ein versiegeltes Canon-L-Objektiv zu sparen. Man muss sich ja schließlich auch Träume bewahren.
Ich probiere und experimentiere gern, was sicher auch damit zu tun hat, dass mein Studentengeldbeutel vieles nicht zulässt. So kam kürzlich ein altes 135-mm-f/2.8-Objektiv vom Flohmarkt dazu, das über einen Adapter, der mich die Fokuspunkte der Kamera nutzen lässt, an der 5D funktioniert.
Test-Portrait mit dem alten 135 mm f/2.8
Ich überlege auch schon länger, mir ein Lensbaby* zuzulegen, weil mir eine Tilt-Shift-Linse* allein für den Effekt zu teuer wäre. Ich hatte aber ohnehin noch ein kaputtes 50 mm f/1.8 hier liegen, das ich dann einfach auseinander genommen und stümperhaft mit einem Stück Teichfolie zusammen geklebt habe, damit ich es frei bewegen kann. So spare ich mir jetzt auch erst einmal das Lensbaby.
Testfoto mit dem DIY Tilt Objektiv
Für meine Selbstportraits und manche Spielerei brauche ich ein Stativ. In meinem Fall ist das ein ziemlich altes, schweres Velbon-Stativ, das bei mir Zuflucht vor der Verschrottung gesucht hat. Und dann sind da noch die billigsten Funkauslöser, die ich finden konnte, die Yongnuo RF-603 C3*.
Neben der digitalen Technik stehen noch einige analoge Flohmarkt-Funde in der Vitrine, neben einer Canon AE-1*, die ein Geschenk meines Schwiegervaters war und leider viel zu selten benutzt wird.
Ich denke, jeder muss die Ausrüstung finden, die persönlich am besten passt. Ich bezweifle stark, dass ich mich von meiner 5D jemals trennen werde, eher würde ich dieselbe wieder kaufen. Ähnliches gilt für meine Objektive, die würde ich höchstens (irgendwann, Träume und so) gegen die jeweils lichtstärkere Version tauschen.
© Samuel Kümmel
Für mich ist Technik reines Handwerkszeug, das es mir ermöglicht, die Bilder aus meinem Kopf umzusetzen. Wenn man weiß, was man will, kann sie einem ganz neue Welten eröffnen. Ich finde es auch wichtig, zu wissen, was man nicht will.
Für mich als Student käme allein aus finanziellen Gründen nicht in Frage, etwas zu kaufen, das ich nicht regelmäßig nutze. Selbst meine vergleichsweise billigen Flohmarkt-Funde landen daher regelmäßig wieder bei Ebay. Mit meinem aktuellen Equipment sind die Grenzen sehr weit gesteckt, auch wenn es natürlich immer noch eine Kategorie nach oben geht.
Vielen Dank für das Titelbild an Samuel Kümmel!
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