Als ich im März mal etwas länger auf den Straßen Münchens unterwegs war, verschlug es mich auch in den Showroom des Verlags Schirmer/Mosel. Für den Liebhaber der gehobenen Fotobuchkunst ist so ein Showroom schon ein Eldorado, doch an dem Tag war ich mehr auf der Suche nach eigenen Bildern. Dennoch fiel mir dort das Buch eines mir bis dato noch nicht bekannten Fotografen auf: Die Monographie von Anders Petersen. Schon beim kurzen Durchblättern fand ich großen Gefallen an den wilden Bildern, die dort seitenfüllend zu finden waren.
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Rezension: Anders Petersen – Monographie
Einfach mal anders
Ein Beitrag von: Petra Holländer
Wenn ich im Internet durch Abertausende Fotos stöbere, kommen mir oft Bilder unter, die durch aufwändige und ungewöhnliche Requisiten auffallen. Es kann aber auch genau das Gegenteil der Fall sein: Einfache Alltagsgegenstände werden gekonnt in Szene gesetzt oder so verfremdet, dass sie besonders interessant wirken.
Genau diesen Gedanken finde ich toll und daher versuche ich, ihn auch in meinen Fotos umzusetzen. Einerseits habe ich nicht das nötige Kleingeld, um mir teure Requisiten für meine Bilder anzuschaffen, anderseits fasziniert mich auch, wie man mit einfachen Mitteln schöne Fotos machen kann.
Für meine Fotos verwende ich am liebsten Gegenstände, die entweder sehr schlicht sind, wie zum Beispiel Papier, oder Dinge, die noch einen gewissen Raum für Kreativität lassen. Darunter fällt etwa eine Glühbirne, die man, wie Ihr im Folgenden sehen werdet, zum Beispiel mit Wasser füllen kann, was wiederum einen interessanten Effekt hat.
Natürlich finden sich auch Gegenstände in meinen Bildern wieder, die einfach nur ihren Zweck erfüllen, wie beispielsweise ein Koffer. Viel spannender finde ich es aber, wenn Gegenstände zweckentfremdet werden, wenn aus Papier eine Art Riesenschal wird oder ein Vorhang als Kleidungsstück fungiert.
Wie aber findet man am besten solche Gegenstände? In meinem Fall gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich suche explizit nach ihnen oder sie finden mich!
Wenn ich auf der Suche nach Requisiten bin, laufe ich meist mit dem Gedanken, was ich denn nur fotografieren soll, durch meine Wohnung. Ich stöbere in Kisten und reiße Schranktüren auf, mit der Hoffnung, endlich eine zündende Idee und die passenden Gegenstände zu finden.
Oft lasse ich mich dann einfach von den gefundenen Dingen inspirieren oder denke krampfhaft nach, was sich wohl damit anstellen lässt. Als besonders hilfreich empfinde ich meine Fotokiste, in der ich Sachen sammle, die ich vielleicht einmal für Fotos verwenden könnte.
Findet jedoch umgekehrt ein Gegenstand mich, dann läuft das so ab: Mir fällt etwas in die Hand oder ich sehe ein Ding, das in mir sofort ein Bild erzeugt, das mir eine genaue Idee für ein Foto liefert oder ich sehe es schon fix und fertig vor meinem inneren Auge. Dabei bin ich meist ziemlich aufgeregt vor Freude und kann es gar nicht erwarten, das Foto zu realisieren!
Das Foto mit den weißen seltsamen Ballons ist so entstanden, dass ich Geld sparen wollte und die billigsten Müllsäcke gekauft habe, die sich finden ließen. Im Endeffekt waren sie zu klein und zerrissen sehr leicht. Es war mir aber auch zu schade darum, sie einfach zu entsorgen. Was sollte ich also damit tun? Natürlich ein Foto machen!
So entschloss ich mich, die Säcke aufzublasen, an Schnüren zu befestigen und sie als so eine Art Luftballons zu verwenden. Im endgültigen Foto erinnern sie mich jedoch eher an flauschige Wolken, die auch das Konzept, sich selbst zu täuschen und zu behaupten, alles sei okay, untermauern, indem sie optisch ein weiches, himmlisches Umfeld erzeugen.
Wie die folgenden Fotos zeigen, kann man mit einfachen Dinge auch tolle Effekte erzielen, die das Bild ergänzen, anstatt die Gegenstände in den Vordergrund zu rücken.
Dieses Foto war eher ein Versuch, der schlussendlich besser geworden ist, als anfangs gedacht. Dabei habe ich durch eine Glasscheibe fotografiert, an der ich zuvor schwarze Farbe hinablaufen ließ. Zusätzlich habe ich auch etwas Mehl darüber verteilt, das dann einen interessanten Effekt im rechten oberen Bereich ergab. Die bemalte Glasplatte selbst sah eigentlich nicht sonderlich spektakulär aus, weshalb ich über das Ergebnis besonders überrascht war.
Das Foto mit der weißen Rose ist ein eher simples Portrait, das ich durch Alufolie ein wenig aufzupeppen versuchte. Die Alufolie erkennt man auf den ersten Blick wohl nicht, da ich sie ein wenig zweckentfremdete.
Ich habe nämlich aus einem quadratischen Stück Folie einen Kreis ausgeschnitten, durch den ich dann hindurch fotografierte. Die etwas zerknüllte Alufolie lag außerhalb des Schärfebereichs und reflektierte das Licht, sodass sie eine schönes Bokeh erzeugte, das das Bild umrahmt.
Für mich sind Alltagsgegenstände als Fotorequisiten nicht nur eine preisgünstige Möglichkeit, sondern fordern mich auch auf, meine Kreativität zu nutzen, um Neues zu erschaffen. Es gibt so viele tolle Dinge, die nur darauf warten, fotografiert zu werden und ich kann es gar nicht erwarten, sie alle in Bildern zu verwenden!
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Auf einmal war alles anders
Ein Beitrag von: Marius Vieth
Was war das denn bitteschön? Da fotografiert man 285 Tage lang die Straßen von Düsseldorf, packt voller Stolz seinen mühevoll entwickelten eigenen Street-Photography-Stil ein, fliegt hocherkältet 9000 Kilometer nach Süd-Korea, nur um voller Euphorie festzustellen: Der funktioniert hier gar nicht.
Ich habe den Großteil meines 365-Tage-Projektes in Düsseldorf verbracht. Es ist zwar eine Großstadt, aber trotz der üblichen Lamborghini-Burnouts und Champagnerduschen geht es hier sehr gemächlich zu.
Übersichtliche Szenerien, wenige Menschen und Lichter bilden die typischen Bühnen für meine Helden des Alltags. Daraus ist ein sehr sanfter, aufgeräumter und intensiver Stil entstanden.
Vor Seoul war ich bereits in Städten wie New York, Bangkok und Shanghai, allerdings nie mit der Absicht, ernsthaft zu fotografieren. Als ich in den ersten Tagen die Straßen von Seoul fotografieren wollte, fiel es mir schwerer denn je zuvor. Alles war so unaufgeräumt, pulsierend und unruhig.
Ich war völlig in Trance. Das liegt bestimmt an meiner Erkältung, dachte ich mir. Lag es aber nicht, das war wirklich so. Ich versuchte anfangs, Seoul erst einmal auf mich wirken zu lassen. Ganz ohne Hintergedanken. Also ab in die nächste Seitengasse, einen Sochu trinken und etwas auf der Straße essen.
Selbst um 5 Uhr morgens an einem Montag war in der 27-Millionen-Metropole noch so viel los, dass man kaum einer einzelnen Person eine große Bühne wie in Düsseldorf geben konnte. Also versuchte ich nach zahlreichen Versuchen, meinem Stil ein Update zu verpassen: Bühnen kleiner machen, all die störenden Elemente als Ganzes reduzieren und trotzdem einem Menschen unwissend sein Rampenlicht geben.
Irgendwo schwirrte in meinem Kopf immer der Gedanke herum, im Sinne einer Reisedokumentation typische Szenen aus Seoul fotografieren zu müssen. Ich hab’s versucht mit den Sehenswürdigkeiten und Postkartenmotiven, aber es ging und wollte einfach nicht.
Dafür liebe ich diese unscheinbaren, intimen Momente in all der Großstadthektik einfach zu sehr. Im Laufe der Reise begriff ich, dass meine Fotos nicht Seoul sind, sondern ich in Seoul. Und das ist okay so.
Auch, wenn ich die meiste Zeit nachts fotografiert habe, weil die Seele Seouls für mich erst nachts so richtig zum Vorschein kommt, wollte ich trotzdem versuchen, auch tagsüber etwas zu entwickeln. Bei meinem Rundgang durch das entzückende „Bugchon Hanok“-Dorf entdeckte ich eine tolle Bühne mit natürlichem Rampenlicht.
Während der nächsten 40 Minuten wartete ich nervös auf meinen persönlichen Star des Moments und musste permanent an diesen einen Satz denken, den man immer von Regisseuren hört: „Leute, wir verlieren Licht!“ Kurz bevor der Vorhang sich zuzog, erschien dann doch noch meine Traumbesetzung. Puh!
Nachdem ich bereits Thailand und China gesehen hatte, war Korea nun mein drittes asiatisches Land. Eine komplett neue Erfahrung, die ich jedem nur empfehlen kann. Unglaublich leckeres gegrilltes Essen, abgedrehtes Karaoke, wunderschöne Parkanlagen, bezaubernde Natur und wirklich liebenswerte, höfliche Menschen haben diese Reise zu einer der schönsten meines Lebens gemacht.
Na gut, wenn ich schon Werbung für dieses tolle kleine Land hier mache, dann aber auch richtig – mit Postkartenmotiv. Aber pssst.
Seoul war für mich eine riesige Herausforderung. Selten hatte ich das Gefühl gehabt, so viel geschafft zu haben und doch erst ganz am Anfang zu stehen. Ich habe gelernt, dass es kein Ziel gibt. Es gibt nur einen Weg, der mal steinig, mal traumhaft schön ist und in der Regel keine Wegbeschreibung hat. Obwohl das manchmal etwas beängstigend ist, weiß ich eines ganz sicher:
Diesen Weg will ich jeden Tag mit einem Lächeln bestreiten, wo auch immer er mich hinführen wird.
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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