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Menschenleere Gassen voller Geschichten

29 May

Vor ein paar Monaten war ich das zweite mal in Tunesien. Vom ersten Besuch habe ich nur wenige Fotos von den spannenden Orten mitgebracht, weil ich viel zu überrumpelt von den vielen neuen Eindrücken war. Dieses Mal habe versucht, mehr mitzunehmen.

Eigentlich wollte ich, nach all den Warnungen, die mir von vielen Seiten mitgegeben wurden, nicht allein umherstreifen. Aber mit einer Linse vor dem Auge kann man einfacher so tun, als wäre das mulmige Gefühl nur Teil einer Geschichte. Selbst vom offenen Tragen eine „großen“ Kamera wurde mir abgeraten, aber das habe ich erst recht nicht übers Herz gebracht.

Gasse in Sousse, TunesienGasse in Sousse, Tunesien

Den Basar in den Straßen der Medina von Sousse habe ich zwei Mal besucht und obwohl ich ihn schon von meinem ersten Aufenthalt in Tunesien kannte, war es auf’s Neue ein Abenteuer.

Ich werde mich wahrscheinlich nie daran gewöhnen, mit welcher unerschöpflichen Wehemenz die Verkäufer versuchen, die Touristen in ihre engen Läden zu locken und ihre Ware an den Mann zu bringen. Im Notfall auch an die Frau. Immerhin habe ich gelernt, genauso wehement Nein zu sagen und freundlich bestimmt weiter zu gehen.

Gasse in Sousse, TunesienGasse in Sousse, Tunesien

Ich fliehe dann gern in die kleineren Gassen, die in der glühenden Nachmittagshitze verlassen liegen. Sie haben mich sofort in ihren zeitlosen Bann gezogen. In jeder gibt es etwas Neues zu endecken. Die Fassaden sind viel bunter und vielfältiger als in den von Bebauungsplänen geprägten deutschen Straßen.

Die Bewohner sehen das wahrscheinlich anders, aber die Spuren des Zahnes der Zeit machen einen großen Teil ihres Charmes aus. Als hätte jede Geschichte in diesen Gassen ihre Spuren an die Wände gemalt.

Gasse in Sousse, TunesienGasse in Sousse, Tunesien

Weil jede Gasse anders aussieht und ihre eigene Geschichte erzählt, haben sie mich geradezu dazu aufgefordert, sie in einer Serie nebeneinander zu stellen. Wie ein roter Faden verläuft nur der gleichbleibende Bodenbelag, der Staub und die heimelige Enge durch das Laybrinth der Stadt. Es ist wunderbar, dass man nie weiß, was hinter der nächsten Biegung liegt.

Gasse in Sousse, TunesienGasse in Sousse, Tunesien

Selbst jetzt, viele Wochen später, schaue ich die Bilder der Gassen immer wieder gern an. Ich kann das ferne Geräusch der belebteren Gassen hören und der Geruch von staubiger Hitze und alten Gemäuern liegt wieder in der Luft.

Ich erinnere mich daran, wie sehr es mir gefiel, dass die Gassen, bis auf wenige Details, wunderbar zeitlos wirken. Fast könnte man denken, die fernen Rufe stammen nicht von Touristen, sondern einer Gruppe Korsaren.

Gasse in Sousse, TunesienGasse in Sousse, Tunesien

Ich bin verliebt in Orte, die eine Geschichte erzählen. Denn obwohl jeder Ort seine Geschichten haben mag, sind sie selten so spürbar. Selten wurde ich so leicht in eine andere Zeit und Welt entführt und nahm ein so eindringliches, besonders Gefühl des Ortes mit nach Hause.


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