Ich fotografiere nun seit zirka fünf Jahren hauptsächlich Landschaften. Eine der ersten sogenannten Regeln für Landschaftsfotografen, die ich damals gelernt habe, war, dass die beste Fotozeit während der Morgen- und Abendstunden ist. Mittags lässt man die Kamera besser im Rucksack oder zu Hause.
Lange Zeit war ich selbst ein großer Verfechter dieser Regel. Im weichen Licht der Dämmerung lassen sich leichter stimmungsvolle Fotos aufnehmen. Beginnt dann noch der Himmel zu glühen, ist das fast schon eine Garantie für spektakuläre Fotos, wenn man sich vorher die Zeit genommen hat, ein passendes Motiv zu suchen.
Durch Befolgen dieser Regel habe ich mich jedoch über Jahre hinweg stark eingeschränkt, immer auf der Jagd nach dem nächsten spektakulären Sonnenauf- oder -untergang. Besonders auf Reisen kann das zu einem Problem werden, wenn man nur wenig Zeit an einem Ort verbringt.
Ich wusste einfach nicht, wie man unter dem harten Licht der Mittagssonne gute Fotos macht. Aber auch dafür gibt es ein paar Rezepte, die ich Euch hier kurz vorstellen möchte. Die folgenden Beispiele sollen dabei weniger eine konkrete Anleitung zum Fotografieren zur Mittagszeit darstellen, sondern als Inspiration dienen.
Wald
Unter dem dichten Blattwerk eines Waldes kann man auch bei klarem Himmel und Sonnenschein einzigartige Stimmungen einfangen. Es entsteht ein interessantes Schattenspiel. Um mit den Kontrasten umzugehen, sind oft mehrere Belichtungen und DRI-Techniken in der Nachbearbeitung nötig. Als Ergebnis erhält man aber nicht selten Bilder wie aus einem Märchen.
Schluchten
Tiefe Schluchten lassen selbst bei hochstehender Sonne nur wenig Licht den Boden erreichen. Das einfallende Licht wird durch die Felsen und Wände der Schlucht geformt. So entstehen einzelne Lichtspots und manchmal fällt das Licht wie ein Fächer durch Felsspalten. In Kombination mit Wasser und der Gischt, die sich über einem tosenden Bach bilden kann, sind alle Zutaten für spannende Fotos vorhanden.
Quellwolken
Als Argument gegen die Fotografie zur Mittagszeit werden oft die harten Kontraste genannt, die es schwer machen, ein ansprechendes Landschaftsfoto zu gestalten. Es ist nicht leicht, unter solchen Bedingungen den Blick des Betrachters gezielt zu lenken. Man kann sich diese Kontraste aber zu Nutze machen. Wenn ein paar Wolken über den Himmel ziehen, hat man die Möglichkeit, die Kontraste im Bild zu steuern.
Etwas Geduld ist nötig, wenn man wartet, bis die Wolken die richtige Position erreicht haben, um das Licht genau so zu filtern, wie es dem Foto gut tut. Ich fotografiere deshalb selbst bei hellem Sonnenschein mit Stativ. So kann ich zum Beispiel mehrere Fotos einer Szene kombinieren, um ein optimales Ergebnis zu erhalten.
Neben dem Steuern der Kontraste im Bild haben Wolken noch einen weiteren Effekt. Besonders Quellwolken sehen auf einem Foto einfach klasse aus, wenn sie von oben angeleuchtet werden und an den Rändern weiß strahlen.
Auch habe ich oft gelesen, dass die Farben blass aussehen, wenn man mittags fotografiert. Vielleicht ist das so, wenn man gegen die Sonne fotografiert. Aber mit der Sonne hoch im Himmel ist das fast schon unmöglich. Und fotografiert man Wiesen, Meer oder Wald, so kommen die Farben gerade bei Sonnenschein am besten zur Geltung.
Zum Abschluß noch ein paar Worte zum Einsatz des Polfilters. Während er auf dem Land unschöne Reflexionen herausfiltert und die Farben intensiver wirken, finde ich seinen Effekt auf einen blauen Himmel meist übertrieben und bei der Fotografie mit Weitwinkelobjektiv zu ungleichmäßig.
Ich verzichte deshalb tagsüber meist auf den Polfilter und behelfe mir lieber mit ein paar Gradationskurven in der Nachbearbeitung, um die Farben und Kontraste etwas aufzuputschen. Ausnahmen sind stark bewölkte Tage, an denen der Polfilter seine Stärken am besten ausspielen kann.
Winter
In der kalten Jahreszeit geht die Sonne nicht nur später auf und früher unter. Sie steht tagsüber auch viel tiefer am Himmel und damit hat man als Landschaftsfotograf den ganzen Tag über Lichtverhältnisse, die man sonst nur morgens und nachmittags hat. Das Licht wirkt nicht so hart wie im Sommer. Es formt die Landschaft und zeigt feinste Strukturen auf.
Auch Städte profitieren aus fotografischer Sicht von der tiefstehenden Sonne. Längeren Schatten verleihen den Fotos mehr Tiefe und Gebäudefassaden erhalten mehr Strukur.
Schwarzweiß
Wenn das Tageslicht der Landschaft gar nicht schmeichelt und die Farben einfach nicht zur Stimmung passen, kann man versuchen, sich die Landschaft in schwarzweiß vorzustellen. Dann zählen nur noch Kontraste und Strukturen. Für ein dramatisches Schwarzweißfoto darf es dabei durchaus etwas mehr sein. So kommt einem das vermeintlich harte Licht sogar zu Gute.
Es gibt sicher noch weitere Möglichkeiten, tagsüber schöne Fotos zu machen. Dieser Artikel soll nur eine Anregung sein. Außerdem bin ich immer noch ein Fan von Sonnenauf- und -untergängen und werde diese auch in Zukunft nicht aus meinem Portfolio verbannen.
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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