Eigentlich wollte ich eines meiner Tanzbilder vorstellen, da heute ja Tag des Tanzes ist. Ich hatte schon fast angefangen zu schreiben, als mir klar wurde, dass das nicht das Bild war, das ich vorstellen wollte. Es war zwar schön und ich war zufrieden damit, aber es war einfach nicht das richtig Bild.
Vor allem deshalb, weil sich ein anderes Bild bereits in meinem Hinterkopf festgesetzt hatte. Dieses.
Ich würde jetzt gern erzählen, dass ich das Konzept dazu schon lange im Kopf hatte, dass alles genau geplant war und eine Leiter schon bereit stand, dass die Visagistin, das Model und der Stylist vor Ort waren und tolle Utensilien dabei hatten. Naja, so war es eher nicht.
In Wirklichkeit war ich in einem kleinen Secondhandladen gewesen, hatte mir drei alte Vorhänge gekauft und saß ein paar Tage später uninspiriert mit einem Stoffhaufen im Wohnzimmer. Das ist also die Realität.
Woher dann diese Idee kam, kann ich gar nicht sagen. Vielleicht muss man nur lange genug auf Dinge starren, dann formt sich von selbst eine Idee aus ihnen. Aber wenn die Idee erst einmal da ist, geht es ganz schnell: Stoffe bügeln und ausbreiten, Kamera auf’s Stativ, Funkauslöser suchen, sich hinlegen, zudecken, Pose, abdrücken!
Leider stieß ich mit meinem 50mm-Objektiv trotz Stativ schnell an gewisse Bildausschnittgrenzen. Das Stativ zusätzlich auf einen der wackeligen Stühle zu stellen war mir dann aber doch zu mutig, also gab ich mich mit dem nahen Ausschnitt zufrieden.
Dachte ich zumindest. Als ich dann später die Bilder durchsah, wurde klar, was ich schon vermutet hatte: Der Ausschnitt war einfach nicht das, was ich mir eigentlich vorgestellt hatte.
Also machte ich mich an die Arbeit, das Bild zu kreieren, das ich in meinem Kopf hatte. Ich baute Haare und Füße aus einem anderen Bild der Serie ein, bastelte ein zweites Knie und fügte eine leere Hintergrundaufnahme ein, um das Bild zu erweitern.
Hier ein kleiner Eindruck des Zwischenstandes, bei dem noch deutlich das Originalbild am inneren Rahmen zu erkennen ist:
Schließlich stimmten nach einer Stunde Überarbeitung – statt geplanten fünf Minuten – das Bild in meinem Kopf und das auf dem Bildschirm doch noch überein.
Ich glaube, dieses Bild ist für mich so wichtig, weil es mir einmal mehr gezeigt hat, dass ich noch am Anfang meiner Entwicklungsphase stehe. Pre-birth eben. Eingewickelt in eine Hülle aus Träumen, Wünschen und Illusionen, aber auch aus Blockaden, Ängsten und Unsicherheit.
In das Gefühl, teilweise eher unprofessionell und improvisiert zu arbeiten, mischt sich der Stolz, es aber ganz allein zu schaffen. Früher hätte ich entschuldigend erklärt, dass es nicht ohne die Bearbeitung ging. Heute bin ich mehr denn je verliebt in die modernen Möglichkeiten der Bildbearbeitung, die ich mir selbst beigebracht habe und stolz darauf, was ich damit realisieren kann.
Trotzdem begreife ich, dass sich langsam meine künsterlischen Wehen einleiten. Raus aus meiner von Illusionen getränkten Hülle – also quasi raus aus meinem Wohnzimmer – rein in die echte Welt. Das könnte eine lange, schwierige Geburt werden, aber ich bin gespannt, was mich da draußen alles erwartet.
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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