Manchmal frage ich mich, ob ich nicht schon viel länger dieses Projekt mache, als es mein Kalender anzeigt. Da ich relativ viel fotografiere und dementsprechend jede Menge erlebe, kommt mir mein Projekt wie eine „halbe Ewigkeit“ vor. Willkommen beim fünften Monatsbericht.
Es war eine gute Entscheidung, in Farbe zu fotografieren und meine Rauschen-Serie nicht fortzuführen. Ich habe den Eindruck, einen guten Weg gegangen zu sein und werde diesen weiter verfolgen.
Und zwar nicht monochrom, obwohl ich die Jahre (vor dem Projekt) ausschließlich Farbe fotografiert habe. Manchmal bringt mich die ganze Sache auf Wege, die ich selbst nie für möglich gehalten hätte.
Vor drei Wochen habe ich dann auch äußerlich eine Veränderung an meinem Erscheinungsbild vorgenommen und den Ratschlag von Joel Meyerowitz befolgt, komplett schwarze Kleidung zu tragen. Zwar fehlt mir noch eine ganz schwarze Jacke, aber bis auf diese (die aktuelle ist dunkelgrün) bin ich derzeit unicolor in schwarz unterwegs.
Was das bringt? Nun, ich kann es nicht nachweisbar nachvollziehen, aber schwarz reflektiert kein Licht und das ist ein sehr großer Vorteil unter Menschen, da ich am liebsten unbemerkt agiere.
Es kann auch Zufall sein, aber wenn ich darüber nachdenke, war es immer dann, als ich ganz in schwarz fotografierte, dass ich mich streckenweise wunderte, dass mich einzelne Leute überhaupt nicht wahrzunehmen schienen.
Vom Setup hat sich nichts geändert, ich benutze nach wie vor ProCamera zum Fotografieren und Snapseed zum Bearbeiten. Gleiches Schema, nix Neues.
Viel wesentlicher hat sich für mich der Akt des Fotografierens verändert. Ich habe mir angewöhnt, nicht ständig von Ort zu Ort zu laufen, sondern bleibe lieber an einer Ecke stehen und studiere die Abläufe der Menschenmassen.
In welchen Abständen hält die Bahn? Wie lange warten Menschen auf den nächsten Zug? In welchen Zyklen kommen größere Mengen auf einmal aus einem Gebäude? Dieses Hineindenken ist eine gute Schule und es hilft mir, abschätzen, wann es sinnvoll ist, welches Bild zu machen. Und wann nicht.
Und obwohl ich eigentlich versuche, stets die unsichtbaren Verbindungen zwischen sich nicht kennenden Menschen sichtbar zu machen, fotografiere ich doch meist einzelne Menschen. Das ist keine bewusste Entscheidung, passiert mir aber immer wieder.
Und seltenst fotografiere ich junge Leute, sondern finde alte Menschen attraktiver, interessanter und bemerkenswerter. Mit ihren netten Hütchen und einfallsreichem Kleidungsstil laufen sie einfach den jüngeren den Rang ab. Zumindest meiner Auffassung nach.
Und mit der Zeit habe ich bemerkt, dass ich zufriedener mit den Ergebnissen geworden bin. In den ersten Monaten mit dem iPhone hatte ich manchmal Schwierigkeiten, den Zugang zu meinen eigenen Bildern zu finden. Ich fand meine Fotos ganz okay, aber mehr war da nicht.
Dies nimmt derzeit langsam ab und das macht mich glücklich. Auch durch die monatliche Reflexion lerne ich eine Menge über mich selbst und die Fotografie an sich.
Ach ja, manchmal lächelt mich ein Oldimer an und bei aller Liebe zur Straßenfotografie und ihrer Konzentration auf Menschen lasse ich es mir nicht nehmen, auch einmal ein schönes Auto zu fotografieren.
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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