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Bildvorstellung: Das Foto ohne Titel

06 May

Da wir gerade dabei sind, von jeder Redakteurin und jedem Redakteur ein Bild vorzustellen, bin ich nun an der Reihe. Und ich zeige heute ein Foto, zu dem mir schlichtweg kein Titel einfiel. Jedoch ist es mir trotzdem wert, hier gezeigt zu werden, weil ich persönlich sehr viel damit verbinde.

Vor zwei Wochen haben wir uns in der Redaktion dazu entschlossen, dass jeder von uns ein Bild im Magazin vorzustellt. Wichtigstes Kriterium: Der persönliche Bezug. Es solle sich um ein Foto handeln, mit dem der- oder diejenige viel verbindet. Ich entschied mich für dieses hier.

Ich mag es nicht, wenn ich als Betrachter dazu aufgefordert werde, bei den Fotos anderer Dinge hinein zu interpretieren, die nicht da sind. Diese Form des Überphilosophierens nervt mich ungemein und deshalb wähle ich meist Bildtitel, die nichts vorwegnehmen und maximal das benennen, was da ist. Ganz im Gegenteil zu früher, da konnte mir gar nicht genug Pathos in eine Zeile passen.

Doch wie der Zufall es so will, fiel mir beim Posten dieses Fotos… überhaupt nichts ein. Nun wäre es ein Leichtes gewesen, nachträglich für die Vorstellung hier irgendetwas wie „Die Tasche“ (uhuuuuu) oder „Von den 5 Mülltonnen“ (wie grandios!) aufzusetzen. Jedoch, halt, es geht um den persönlichen Bezug. Und nicht darum, das Foto aufzuplustern.

Das Foto selbst enstand am 16. April in Karlsruhe auf einer meiner Fototouren. Vielleicht kennt das der eine oder die andere, ich verfalle derzeit immer wieder in so eine Art Trott beim Fotografieren. Ich mache Fotos, laufe weiter, mache wieder Fotos und bin in so einer Art Minitrance, kurz vorm Tagträumen.

Als ich jedoch vor diese Unterführung kam, war ich sofort hellwach und „da“. Die dezenten Farben erinnerten mich an irgendeine dreckige Vorstadt irgendwo anders – aber nicht an Karlsruhe, der sauberen Technikstadt im Süden Deutschlands. Ich überlegte noch, das Foto ganz ohne Menschen zu machen, jedoch kam recht schnell eins zum anderen.

Im Hintergrund tauchten zwei große Laster der Müllabfuhr auf, ein Auto drängte mich zur Seite, fuhr die Einfahrt hinein und eine halbe Minute später stapfte mir dieses Ehepaar entgegen. Ich positionierte mich wieder Richtung Einfahrtsmitte und machte mit dem iPhone ein paar Aufnahmen.

Foto ohne Titel © Martin Gommel

Ich mag das Foto, weil es auf undramatische Art und Weise das Leben in der Stadt zeigt, wie es ist. Alle Menschlein gehen ihren Tätigkeiten nach, sei das nun der Einkauf oder die Arbeit – in diesem Fall, den Müll der anderen zu entsorgen. Aus diesem Grunde habe ich es auch so gelassen, wie es ist und nicht in schwarzweiß umgewandelt.

Die dezenten Farben sorgen dafür, dass das Bild (für mich) glaubwürdig bleibt – dabei wäre es nicht schwer gewesen, es heller zu machen, den Lichtkegel im Hintergrund zu verstärken und die Dramatik somit zu verdreifachen. Im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass das Foto auch nicht wirklich perfekt ausbalanciert ist – dafür ist im unteren Bildbereich zu viel Dunkelheit im Gegensatz zum oberen Rand.

Und klar, das Bild wäre zusätzlich sauberer, wenn ich gewartet hätte, bis die Müllmänner vorbeigegangen, das Auto eingeparkt und das Ehepaar aus dem Bild verschwunden wären. Mit der 5D und dem Superweitwinkel fotografiert, vielleicht im Hintergrund eine einzige Person, aufgerissene Lichter – klar, das wäre ein Hingucker. Und hätte auf Flickr 150 Favs. So habe ich früher fotografiert.

Was ich vor Jahren noch mit jedem Bild tat, lasse ich heute sein. Denn es geht mir heute mehr um die Glaubwürdigkeit meiner Bilder. Kurz: Ich möchte nicht mehr übertreiben.

Hingegen liebe ich diese unscheinbaren Momente des Alltags, die zusammenwirken und zusammen wirken. Unaufgeregt und dennoch auf ihre Weise schön und bemerkenswert.

Dieses Bild verkörpert genau das. Für mich persönlich.


kwerfeldein – Fotografie Magazin

 
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