Ein Beitrag von: Paul Hiller
Fotografie hat für immer auch damit zu tun, eigene Themen zu finden, seine Leidenschaft für bestimmte Dinge zu vermitteln. Ich war daher sehr erstaunt über die Arbeiten des Fotografen Paul Hiller, der sich sehr auf eine ganz konkrete Richtung spezialisiert hat und habe ihn dazu befragt.
Paul, wie würdest Du Deine Arbeit jemandem beschreiben, der nicht die Möglichkeit hat, sie anzusehen?
Eigentlich sind alle meine Arbeiten Fotoberichte aus unterschiedlichen Ländern, immer ein bisschen durch Fernweh geprägt. Ich zeige oft alltägliche Szenen. Durch eine minimalistische Bildsprache und eine besondere Farb- und Lichtatmosphäre versuche ich, meine persönlichen Erfahrungen dieser Orte mit dem Betrachter zu teilen.
Im Moment fotografiere ich seit drei bis vier Jahren sehr intensiv fast nur noch Landschaften in Vergnügungsparks auf der ganzen Welt. Diese Orte haben für mich eine besondere Anziehungskraft.
Ein Ort, der aus dem Nichts konstruiert wird, nur um dort Spaß zu haben. Ein Ort, der gebaut wurde, um (wenn er gut funktioniert) für die Ewigkeit bestehen soll. Obwohl diese Orte Vergnügen vermitteln sollen, strahlen sie für mich gleichzeitig eine Traurigkeit aus. Auch ist nicht immer schönes Wetter oder ein gut besuchtes Wochenende. Genau diese Tage neben der Saison interessieren mich am meisten.
Außerdem sehe ich in allen Parks, die ich fotografiere, obwohl diese noch in Betrieb sind und von mir auch nur zu ganz normalen Öffnungszeiten besucht werden, eine gewisse Morbidität. Alles ist dem Verfall ausgesetzt. Die Attraktionen und Buden an diesen Orten kommen in die Jahre und verblassen mehr und mehr.
Vielleicht kannst Du uns kurz einen Hintergrund zu Dir geben: Wie hat das bei Dir angefangen mit der Fotografie und wie bist Du dorthin gekommen, wo Du heute bist?
Angefangen hat alles in der Schule. Dort hatten wir ein gut ausgestattetes Schwarzweiß-Labor. Weil ich irgendwann als einziger Schüler den Schlüssel für diesen Raum hatte, konnte ich mich in jeder Pause und Freistunde dahin zurückziehen. Nach der Schule wollte ich dann Fotodesigner oder sowas werden und habe deshalb erst einmal angefangen, in einem Fotolabor zu arbeiten.
Meine ersten Bewerbungen an den Fotohochschulen waren erfolglos. Durch Zufall bin ich dann zur Akademie der Bildenden Künste München gekommen, wo ich ab 2007 Freie Kunst / Neue Medien studiert habe. Meine Diplomausstellung im Februar hatte den Titel „loop“ und war eine Foto- und Videoinstallation.
Damit der Betrachter die Atmosphäre dieser Parks noch intensiver erleben kann, zeige ich meine Bilder schon immer in Leuchtkästen. Bei der Arbeit „loop“ bin ich nun einen Schritt weitergegangen und habe eine Installation mit sich drehenden Leuchtkasten-Würfeln gebaut, die auf jeder Seite ein Bild zeigten. Es war nicht mehr möglich, sich für eine längere Zeit nur auf ein Bild zu konzentrieren, weil die Bilder in Bewegung waren.
Das Ganze hatte zur Folge, dass man sich entweder den Bildern ähnlich der Bewegung eines Karussells mit der Drehung der Würfel bewegte oder man konnte an einer Stelle abwarten, bis sämtliche Bilder an einem vorbeigefahren kamen. Verstärkt durch zwei Videoprojektion hatte die ganze Installation auf den Besucher eine kontemplative Wirkung.
Deine Arbeiten sind sehr speziell. Wie kam es denn zu dieser Beschäftigung mit Freizeitparks?
Angefangen hat alles 2007 mit meinen Fotos vom Santa Cruz „Beach Walk“. In den Aufnahmen von damals tauchten eher am Rande die ersten typische Requisiten von Freizeitparks auf. Ab diesem Moment an habe ich mich dann auf die Suche nach solchen Motiven in den USA, China, Japan, Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien gemacht.
Viele meiner letzten Bilder kommen aus Japan, weil das im Moment das Land ist, welches mich am meisten in den Bann gezogen hat.
Welches Genre ist das eigentlich für Dich? Man sieht manchmal Menschen auf den Bildern, oft nur Architektur, Riesenräder und Karusselle.
Für mich ist Landschaftsfotografie das Genre. Ursprünglich bin ich ja auch über die Stadtlandschaft zu diesen Parks gekommen. Im Moment interessieren mich Konsuminszenierungen in Vergnügungsparks am meisten. Auf meinen Reisen sind aber natürlich auch immer noch Fotos von Stadtlandschaften präsent – diese zeige ich aber gerade nicht so.
Dazu kommt dann noch Deine spezielle Farbgebung der Bilder. Vielleicht magst Du uns darüber und generell über die Technik hinter den Bildern etwas erzählen?
Meine Arbeiten entstehen mit einer alten Hasselblad auf Film. Ich benutze immer denselben Film (Portra 400) und belichte meistens 1/3 Blende über. Dann habe ich noch einen guten Scanner zum Digitalisieren. Früher, als ich noch im Fotolabor arbeitete, habe ich aber sogar ganz analog Farbabzüge in der Dunkelkammer gemacht. An dieser Ästhetik orientiere ich mich immer noch bei meinen Scans und der Bildbearbeitung.
Sämtliche Techniken habe ich bei meiner Ausbildung und späteren Arbeit im Fotolabor gelernt. Dort bin ich vielen Fotografen und Künstlern begegnet, die mich beeinflusst und teilweise sogar unterstützt haben. Letztendlich hat es sich aber ergeben, dass ich auf altbewährte Verfahren wie das Fotografieren auf Film zurückgreife.
Ein 400er Negativfilm hat für mich die perfekten Eigenschaften, um meine Bilder aufzunehmen: Es gibt einen hohen Belichtungsspielraum, die Farben und Kontraste sind weich, die Auflösung ist gut genug für schöne Abzüge bis 100 x 100 cm. Hinzu kommt der ganz eigene Farbcharakter von Negativfilm. Außerdem habe ich mich für das praktische quadratische Format einer Hasselblad Mittelformat-Kamera entschieden.
Fotografierst Du sonst eigentlich noch andere Sachen und sortierst die Dinge entsprechend aus oder sind es nur diese Bilder? Wie wichtig ist generell für Dich die Fokussierung auf einen roten Faden im eigenen Portfolio?
Auf meinen Reisen entstehen eigentlich nur noch Stadtlandschafts- und Vergnüngsparkbilder und davon zeige ich auch nur einen Teil. Für mich ist es sehr wichtig, den Betrachter nicht mit meinen Bildern zu überfluten, sondern nur eine konzentrierte Auswahl zu präsentieren.
Die Auswahl ist eine ganz bewusste Entscheidung von mir selbst, die ja schon während des Fotografierens beginnt.
Wenn man eine Reise mit nur einer Tasche voll Mittelformatfilmen beginnt, muss man diese schon gut einteilen und kann nicht jede Gelegenheit für einen Schnappschuss nutzen.
Außerdem habe ich ja eine klare Aufgabe, die ich mit meinen Bildern erfüllen möchte und dafür reicht dann meistens eine Handvoll fertiger Bilder. Ich glaube, dass zu viele Bilder, gerade wenn man sich so intensiv mit nur einem Thema beschäftigt, schnell auch langweilen können und das möchte ich natürlich vermeiden.
Neben meinen freien Arbeiten habe ich aber auch sonst jeden Tag mit Fotografie zu tun – ich arbeite noch als Fotograf und Bildbearbeiter für verschiedene Firmen.
Vielleicht noch etwas allgemeiner: Was bedeutet Dir Fotografie?
Fotografie ist für mich ein handwerklicher Beruf und eine Kunstform. Als Kunstform ist es für mich – wie schon so oft gehört – das einfachste und schwierigste Medium zugleich.
Jeder kann Fotos machen und es gibt so viele Fotos auf der Welt wie noch nie. Ein Foto oder eine Serie zu produzieren, die einen selbst und andere Betrachter berührt, ist die Herausforderung.
Danke für den Einblick in Deine Arbeit.
kwerfeldein – Fotografie Magazin | Fotocommunity
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