Als ich letzte Woche im Buch „Street Photography Now“* auf Seite 184 die Bilder von Otto Snoek entdeckte, setzte ich sofort seinen Namen auf meine „Liste der anzuschreibenden Fotografen“. Beim Betrachten seiner Straßenaufnahmen fühlte ich mich an Martin Parrs „Think Of England“ erinnert. Und als alter Parr-Fanboy, naja, Ihr wisst schon.
Otto Snoeks Arbeitsweise ähnelt der von Parr insofern, als dass er auf der Straße einen Blitz einsetzt und ebenfalls einen humorvollen bzw. kritischen Blick wie der Brite auf Menschen hat. Doch Snoek unterscheidet sich inhaltlich mehr als deutlich von Parr, wie wir gleich sehen werden.
Der Niederländer zeigt stets mehrere Menschen auf einem Bild und lässt somit das Unangenehme, Komplexe und Unkontrollierbare alltäglicher Straßenszenen zu. Es sind, zugegeben, keine einfachen Bilder, die Snoek präsentiert. Einfach im Sinne konventioneller Fotografie.
Dem Betrachter wird es nicht wie bei Parr mit kräftigen Farben, Kontrasten und einfachen Kompositionen leicht gemacht, ganz im Gegenteil. Die leise und zurückhaltende Bildsprache muss kennengelernt und zu lesen verstanden sein, um Bildwirkung und -tiefe seiner Werke schrittweise zu entziffern.
Die oben gezeigten Aufnahmen erarbeitete Otto Snoek auf der „Sensation“, einer Tanzveranstaltung, auf der das Tragen weißer Kleidung Pflicht ist. Jedoch stammen die Fotos nicht von einer einzigen Show, sondern von vielen unterschiedlichen in ganz Europa.
Der offensichtliche Einsatz des Blitzes seitens des Fotografen gibt dem Betrachter das unterschwellige Gefühl des Unangenehmen. Nein, die Bilder sind nicht behaglich, sondern zeigen Besucher des Events von ihrer Schokoladenseite. Man könnte sagen: „Das sind ja gar keine schönen Fotos.“
Und würde den Nagel auf den Kopf treffen. Wer auf eine Tanzveranstaltung geht, macht sich hübsch, poliert alle Pickel weg und möchte vielleicht sogar gesehen werden. Doch – wie im echten Leben – ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch auf solchen Veranstaltungen wird es Besuchern langweilig, es quält sie der Hunger oder die Toiletten sind verstopft.
Angedeutet und nicht billig-plakativ skizziert Otto Snoek diese Eigenheiten, die zu gern verdrängt oder unter den Teppich gekehrt werden. Damit wird seine Dokumentation zur Kritik. Und genau das ist es, was ich an guter Fotografie so oft vermisse.
Wer nun Lust auf mehr hat, wird auf der Webseite von Otto Snoek fündig. Der ist übrigens Teil von iN-PubliC. Und Bücher von ihm, die gibt es auch.
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