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Posts Tagged ‘Melancholie’

Dazwischen liegt Schönheit und Melancholie

08 Sep

Tom Petkus’ Fotos sind fantastisch und schwer greifbar und sie faszinieren mich sehr. Er experimentiert vorrangig mit schwarzweißen Aufnahmen. Einige Effekte entstehen durch Doppelbelichtung, andere wiederrum kann ich nicht zuordnen. Aber es ist auch völlig egal, wenn die Motive einen packen und nicht mehr loslassen.

Mein liebstes Motiv ist das des alten Mannes, der mit geschlossenen Augen von einem Arm an der Wange gestreift wird. Es hat so etwas wunderbar Emotionales. Jedes seiner Bilder strahlt für mich eine ganz eigene Empfindsamkeit aus, fröhlich ist jedoch keines.

Mein Bestreben zur Fotografie begann nach einem herzzerreißendem Ereigniss in meinem Leben, welches mich Traurigkeit und Einsamkeit in einem völlig neuen Licht sehen ließ – nicht als etwas komplett Negatives, sondern vielmehr als fundamentale und fast notwendige Erfahrungen im Leben, die das genaue Gegenteil von Glück sind.

Diese Emotionen von Traurigkeit und Einsamkeit sind etwas, denke ich, das uns erlaubt zu realisieren was Glück wirklich ist und was es bedeutet. So gesehen, glaube ich, dass auch diese Emotionen eine gewisse Schönheit in sich bergen; etwas, das ich versuche in meinen Schwarzweiß-Portraits zu vermitteln.

Darüber hinaus, versuche ich Gedichte verschiedener Dichter in meine Bilder zu integrieren, die den Inhalt meiner Bilder erklären helfen.

Ein älterer Mann mit geschlossenen Augen. Ein Arm streichelt seine Wange.

Ein Mann im schwarzen Mantel steht im Wald neben einem Kreuz.

Eine Frauenportrait mit Blick auf Schulter und Haar.

Doppelbelichtung eines alten Mannes.

Eine Frau sitzt im Wasser und hebt ihren Arm.

Eine Frau schreit voller Wut.

Eine Statue vor Bäumen.

Ein Frauenrücken mit Tattoo.

Ein alter Mann am Tisch mit Kaffeetasse.

Ein Mann am Tisch sieht auf.

Eine Frau auf einem antikel Stuhl.

Eine Frau hält Stoff nach oben, so dass man nur einen Teil ihres Gesichts sieht.

Ein Vogelmann im hohen Gras.

Es gibt ein Leben und einen Tod und dazwischen liegt Schönheit und Melancholie. – Albert Camus

Tom Petkus stammt ursprünglich aus der kleinen Stadt Mazeikiai in Litauen und arbeitet momentan als Schwarzweiß-Fotograf in Großbritannien. Seine Arbeiten findet Ihr auf Facebook, Tumblr oder Flickr.


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Hüzün: Die Melancholie Istanbuls

22 Mar

Valeska und Miriam sind in Istanbul unterwegs, um ehrliche Bilder aufzunehmen, die die Stadt zeigen, wie sie ist. Ohne Fokus auf ein bestimmtes politisches, sozial- oder gesellschaftskritisches Thema, fernab der Touristenbezirke. Sie gewähren dem Betrachter Einblicke in das echte Leben der türkischen Metropole am Bosporus.

In der Konzeptphase des Projekts stellten sich die beiden Designerinnen die Frage: Interessieren Türken sich für Fotografien des alltäglichen Geschehens in ihrer Hauptstadt? Sie fragten und die Antwort war: Ja! Denn die Türkei ist ein sehr vielseitiges Land mit nur wenigen Mega-Städten. So waren viele Landbewohner noch nie in der pulsierenden Metropole.

© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen

Die beiden arbeiteten mit einem typisch türkischen Medium: Einem vertrauten, immer und überall präsenten Begleiter – dem Handy. Denn was steht der Echtheit eines Augenblicks stärker im Weg als mit einer großen Kamera auf Menschen zu zielen?

Ihnen gelingt der Spagat zwischen Bildern, die ästhetisch komponiert, angenehm konsumierbar sind und auf der anderen Seite ungeglättet die Wirklichkeit der Stadt zeigen: Die Schönheit des Alltags ebenso wie seine Härte und Vielfalt. Man sieht einen Querschnitt der Gesellschaft: Jede soziale Schicht, jedes Alter ist vertreten, weil den beiden all diese Menschen auf den Straßen begegnen.

© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen

Dort begegnet einem auch Hüzün – oder viel mehr ist dieses besondere Gefühl dort allgegenwärtig. Orhan Pamuk, türkischer Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger 2006, beschreibt es so:

Die Melancholie Istanbuls ist „huzun“, ein türkisches Wort, dessen arabische Wurzel (es taucht fünf Mal im Koran auf) ein Gefühl von tiefem spirituellem Verlust andeutet, ebenso aber eine hoffnungsvolle Art, das Leben zu betrachten, „ein Zustand des Geistes, der letztlich so lebensbejahend wie verneinend“ ist.

Für die Sufis ist Hüzün die spirituelle Qual, Gott nicht nah genug zu sein; laut Johannes vom Kreuz führt diese Qual dazu, dass der Leidende so tief sinkt, dass seine Seele als Ergebnis davon zu göttlicher Sehnsucht aufsteigt. „Es ist die Abwesenheit der Erfahrung Hüzün, die dazu führt, dass man sie fühlt.“

Hüzün ist keine einzelne Beschäftigung, sondern eine alle umfassende Emotion, nicht die Melancholie des einzelnen, sondern die dunkle Stimmung, die Millionen miteinander teilen.

© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen

Diese Stimmung sieht man in den Bildern, auf ihr basiert der gewählte Bildstil, in dem die Fotos gestaltet sind. Die transportierte Aussage verschmilzt mit der Bildgestaltung zu einer Einheit, sodass eine echte, authentische Nähe entsteht.

Genau diese Nähe zu den Menschen ist den beiden Istanbul-Liebhaberinnen besonders wichtig. Nicht nur zeigen ihre Arbeiten im Projekt „Hüzün“ Menschen in alltäglichen Situationen. Auch das Ausstellungskonzept zum Projekt dockt am gleichen Gedanken an: Die Ausstellungen finden in Cafés, kleinen Stores und deutsch-türkischen Gemeinden statt.

© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen

Zu einigen der Bilder geben die beiden weitere spannende Informationen zum Alltag der Stadt, der sich natürlich teilweise ganz gravierend von unserem eigenen unterscheidet. Zum Beispiel gibt es dort die Papiersammler:

Sie nennen sie „kagit toplayici“, zu Deutsch „Papiersammler“. Sie sind jung und alt, Männer und Frauen, sie brauchen eine Menge Kraft und werden kaum von der Gesellschaft wahrgenommen. Wir sprechen hier von Menschen, die den Müll Istanbuls, der von anderen Menschen auf die Straße geworfen wird, durchsuchen, sammeln und sortieren.

Täglich schleppen sie sich mit großen Taschen aus stabilem Material die Straßen hoch und runter. Tag und Nacht sind sie damit beschäftigt, bergeweise Müll zu entwirren und nach brauchbarem Papier und Plastik zu suchen. Die Müllsammler werden von der Gesellschaft ausgeschlossen, aber trotzdem sind sie unersetzlich für die Stadt.

© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen© Valeska Hoischen, Miriam Schmalen

Valeska Hoischen und Miriam Schmalen, beide studierte Kommunikationsdesignerinnen, arbeiten seit Jahren als freiberufliche Fotografinnen an der Schnittstelle zur freien, künstlerischen Fotografie und dem Design. Valeska aktuell mit ihrem türkischen Partner in Istanbul, wo sie die Verbindung zu Land und Leuten schlägt, während Miriam zur Zeit wieder in Deutschland ist, wo sie sich um PR und die Ausstellungsgestaltung kümmert.

Zusammen haben beide in einer gemeinsamen Projektphase im Herbst 2013 bereits über 100 Bildeindrücke erarbeitet. Diese können nach und nach mit kleinen Anekdoten im Projektblog und bis Ende 2014 in den Ausstellungen gesehen werden. Im Jahr 2015 ist außerdem geplant, ein Kunstbuch mit einer Auswahl der gesammelten Fotografien in einer kleinen Auflage zu verlegen.


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Einfachheit, Banalität und sanfte Melancholie

07 Feb

Ein Beitrag von: Sebastian Reiser

Ich bin kein Mensch vieler Worte, aber dennoch werde ich versuchen, ein paar Ansätze meiner Fotografien hier zu beschreiben.? 2007 habe ich mit der Fotografie die ersten Schritte gemacht. Eigentlich durch Zufall und Langeweile im damaligen Job.

Für mich hat sich dann relativ schnell eine kleine Welt aufgebaut, in der ich mich richtig wohl fühle. Als ich im Laufe der Zeit die analoge Fotografie entdeckte, fing alles an.

The desire to start running © Sebastian Reiser
The desire to start running, Andorf, Oktober 2010

In vielen meiner letzten Fotos versuche ich, das Zusammenspiel von Natur und von Menschen Erschaffenem sichtbar(er) zu machen. Definiert durch die auffällige Präsenz des Menschen und seiner Technologie. Für mich ist es sehr beeindruckend und manchmal skurril, in welchem Ausmaß sich dies darstellt.

Solche Orte haben für mich eine Anziehungskraft, die mich immer wieder an solche Plätze zieht. Zum Glück gibt es in Österreich genug Berge, die sich dafür ganz gut eignen. ?Vor einiger Zeit wurde ich von Redbird Editions eingeladen, eine kleine Serie zusammenzustellen: Tiroler Mountains.

Adler Lounge © Sebastian Reiser
Adler Lounge, Tirol, August 2012.

Für mich ist ein sehr wichtiger Aspekt, fast ausschließlich analog zu fotografieren. Zu wissen, dass nur eine begrenzte Anzahl von Fotos auf einem Film Platz hat, macht es für mich sehr wichtig, nicht alles zu fotografieren, was mir vor die Linse gerät.

Es ist wie ein Filter, der mir hilft, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, darüber nachzudenken, was ich eigentlich fotografieren will und all den Überfluss auszublenden. Was dazu beigetragen hat, dass sich meine Fotos in den letzten Jahren sehr stark vereinfacht und in ihrer Bildsprache ausgebaut haben.

Broadcasting system © Sebastian Reiser
Broadcasting system, Schöckl, Oktober 2013.

Die Geschwindigkeit macht bei mir viel aus. Ich mag die Langsamkeit der analogen Fotografie. Wir leben in einer Zeit, die immer schneller, weiter, größer und lauter wird. Beim Fotografieren zählt dies für mich nicht.

Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, als ich 2010 in Nizza eine Ausstellung besuchte, bei der Fotos aus „Plank Piece“ von Charles Ray aus dem Jahr 1973 gezeigt wurden. Die Arbeiten haben mich damals schon wahnsinnig inspiriert und tun es jetzt noch viel mehr.

Wie es der Zufall so will, war ich letzten Sommer in Graz unterwegs und sah die Kunstperformance „Fitting“ von Willi Dorner im Rahmen des Festivals La Strada, die mich sehr an die Bilder von damals erinnerten.

Fitting I © Sebastian ReiserFitting III © Sebastian Reiser

Fitting I, Graz, August 2013. Fitting III, Graz, August 2013.

Zuletzt hatte ich die Möglichkeit, eine in Privatbesitz befindliche Burg von innen zu fotografieren. Der dort allein lebende Mann kümmert sich während einer Renovierung der Burg um das Anwesen sowie um die Pferde. Für mich war es eine gute Möglichkeit, in den knapp zwei Stunden, die ich zur Verfügung hatte, die Stimmung, die ich auf dieser Burg spürte, in den Fotos wiederzugeben.

Zu wissen, dass dieser Mensch dort allein lebt, machte für mich diese Räume spürbarer in ihrer Bedeutung, was es heißt, dort allein zu leben. ?Ich habe erstmals versucht, von Anfang an so zu fotografieren, um daraus eine Serie erstellen zu können.

Tower © Sebastian Reiser

Die Herangehensweise, bewusst eine Serie zu fotografieren, ist für mich immer noch schwierig und eine Herausforderung, bei der es noch viel zu lernen gibt.? Alle Fotos gibt es hier zu sehen: „Lord, the air smells good today“.

Limousine © Sebastian Reiser
Limousine, Andorf, Juni 2010.

Untitled © Sebastian Reiser
Untitled, Venedig, Juli 2013.

Abschließend kann ich noch sagen, dass die Fotografie für mich zurzeit eine Art Reise ist, auf der ich mich befinde und auf der es noch viel zu entdecken gibt. Noch nicht sehr lange unterwegs, schon einiges entdeckt und hoffentlich nie zu Ende.


kwerfeldein – Fotografie Magazin

 
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