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Posts Tagged ‘macht’

emerge macht Druck

08 Dec

Es gibt viele Fotografen, die sich über lange Zeit leidenschaftlich einem Thema widmen und auf politische, sozial- oder gesellschaftskritische Art und Weise damit auseinander setzen.

Manch einer dokumentiert gesellschaftliche Randgruppen, ein anderer begleitet eine Zeit lang einen einzelnen besonderen Menschen und zeichnet uns durch seine Bilder ein Portrait der Person, ein dritter zeigt uns das Leben von Menschen in Krisengebieten.

Allen diesen Fotografen ist gemein, dass sie ein Thema gleichermaßen journalistisch und beharrlich verfolgen, um mit ihren Bildern darauf aufmerksam zu machen.

eine exemplarische Doppelseite aus dem ersten emerge Printmagazin

Das Online-Magazin emerge bietet solch engagierten Fotojournalisten seit nunmehr vier Jahren eine Plattform und zeigt immer wieder bewegende Arbeiten junger Bildjournalisten, die mal aufreibend und mal erhellend sind, mal berührend und mal bedenklich.

Des Öfteren schon haben wir Euch in unseren sonntäglichen browserFruits auf solche Bildstrecken aufmerksam gemacht, nicht zuletzt, weil auch uns bei kwerfeldein die Qualität der dort vorgestellten Arbeiten überzeugt und begeistert.

eine exemplarische Doppelseite aus dem ersten emerge Printmagazin

Jetzt wagt emerge den Schritt hin zum Druck. Parallel zu den Online-Bildstrecken, die es auch weiterhin geben wird, soll es von nun an in regelmäßigen Abständen auch ein gedrucktes Magazin geben. „Wir wollen pro Heft ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Stilmitteln darstellen“, so Kevin Mertens, einer der Redakteure von emerge.

Das Thema der ersten Ausgabe ist „Migration“. Durch Interviews, Kolumnen und Artikel wird es aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. „Wir möchten starken Geschichten eine Chance geben, die vielleicht bisher nicht in das Schema der bekannten Magazine gepasst haben“, so Kevin weiter.

eine exemplarische Doppelseite aus dem ersten emerge Printmagazin

Um die Produktion des ersten Heftes zu finanzieren, hat das emerge-Team eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen. Wird die Fundingschwelle von
5.000 € erreicht, ermöglicht das die Herstellung des Magazins im Offsetdruck, mit Fadenbindung, auf hochwertigem Papier und deckt weiterhin die Vertriebskosten.

Wird das Fundingziel von 8.000 Euro erreicht, erhalten auch die Fotografen, Autoren und Grafiker ein Honorar für ihre Arbeit. Ihr könnt das Vorhaben noch bis Sonntag, den 14. Dezember 2014 unterstützen. Als Gegenleistung winken je nach Spendenbeitrag ein Küsschen auf die Wange, ein Exemplar des ersten Heftes, der Bildband emerge 011, signierte Fine-Art-Prints der im Heft publizierten Fotografien, Portfolio Reviews, Workshops und vieles mehr.


kwerfeldein – Fotografie Magazin | Fotocommunity

 
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Identität oder Die Macht der Wörter

06 Oct

Lauren Renner ist eine New Yorker Fotografin, die sich seit 4 Jahren mit ihrem Projekt „In Others’ Words“ mit dem Zusammenhang zwischen Identität, menschlicher Interaktion und Stereotypen in der westlichen Gesellschaft auseinandersetzt.

Oftmals ist die Selbst- eine ganz andere als die Fremdwahrnehmung. Je mehr wir von der Gesellschaft um uns herum mit Etiketten versehen werden, desto weniger wissen wir, wer wir eigentlich sind. Die Grenzen verschwimmen mit jedem Wort, das uns an den Kopf geschmissen wurde und unsere eigene Identität verblasst dahinter.

Identität ist als ein Gefühl der Identität, d. h. der Kontinuität und Einheit mit sich selbst zu verstehen. Dieses Gefühl der Identität wird durch Interaktion mit anderen und im Kontext der eigenen Kultur geklärt und es ist als ein Prozess zu verstehen, der lebenslang dauert.1

Identität muss sich Schritt für Schritt erarbeitet werden und diese komplexe Entwicklung ist bei jedem Menschen durchzogen von Krisen, die vor allem durch unsere Wahrnehmung in der Gesellschaft ausgelöst werden. Lauren Renner hat es sich zum Thema gemacht, dieses Phänomen mit ihrer Serie „In Others’ Words“ zu visualisieren und den Teilnehmern damit zu helfen, sich von den Beschreibungen anderer zu lösen.

„Der Stempel, den wir von der Gesellschaft aufgedrückt bekommen, unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von dem, wie wir uns selbst sehen“, erklärt sie und fotografiert darum nackte Menschen, die mit nichts bekleidet sind als mit den Beschriftungen, die sie im Laufe ihres Lebens unfreiwillig durch andere erfahren haben. Diesen Mantel der Fremdwahrnehmung wollen sie dadurch ablegen.

Zwei nackte und beschriftete Personen stehen auf einem Balkon.

Zwei nackte und beschriftete Frauen.

Lauren hat Freiwillige gesucht, die Lust hatten, sich auf dieses Experiment einzulassen. Unabhängig von individueller enthnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter oder kulturellem Hintergrund wollte sie Menschen zusammenbringen, die sich vorher nie begegnet waren und die doch durch dieses Foto-Projekt vereint werden sollten.

Trotz dieser offenen Kriterien sind es fast ausschließlich junge Menschen, die sich zusammengefunden haben. Es scheint, als seien es gerade junge Erwachsene, die sich an der Schnittstelle von Kindheit und Adoleszenz ihrer eigenen Identität besonders unsicher sind. Sie lassen sich vermehrt von ihrem Umfeld irritieren und dennoch ist die Meinung anderer von höchster Wichtigkeit für das Selbstkonzept. Dies kann die berühmte Schere zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung öffnen.

Eine nackte und beschriftete Frau steht auf einer Brücke.

Vor jedem Shootingtermin sollten die Teilnehmer eine handschriftliche Liste anfertigen, auf der sie all diese Labels notierten, die ihnen an irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens begegnet sind. Ein vielleicht gut gemeintes Kompliment kann genauso Stereotype erzeugen wie eine Beleidigung und auch Bezeichnungen wie Freak oder Langweiler geben dem Menschen einen Stempel, den er gar nicht haben möchte.

Ob diese Zuschreibungen positiv, negativ oder selbstbezeichnend sind, war für die Liste der Teilnehmer also egal, das einzige Kriterium war, dass es aus dem eigenen Erfahrungsschatz stammte. Die fertige Liste wurde dann zur Vorlage für die Körperbeschriftungen am Shootingtag.

Liste mit Zuschreibungen

Liste mit Zuschreibungen

Am frühen Morgen trafen sich die Teilnehmer mit Lauren Renner, um sich kennenzulernen, auszutauschen und gemeinsam die nackten Körper zu beschriften. Diesen Prozess hat die Fotografin ebenfalls dokumentiert und die entstandenene Making-Of-Bilder stehen gleichberechtigt neben den eigentlichen Fotos, die im Laufe des Tages geschossen wurden, auf ihrer Webseite. Die Freude an dem Projekt und dem Miteinanderteilen ist den Menschen oftmals ins Gesicht geschrieben und die besondere Stimmung und Energie ist spürbar.

Eine Frau lacht herzlich.

Eine Frau bemalt den Bauch einer anderen Frau.

Ein Mann beschriftet einen anderen Mann.

Die „In Others’ Words“-Fotos enstanden dann an einem öffentlichen Ort. Lauren Renner benutzt meistens eine 4×5-Großformatkamera, Nikon D80, Minolta X700, Canon A-1 oder Polaroid 360 Land Camera für ihre Bilder. Sie arbeitet seit inzwischen vier Jahren an dem Projekt und ist immer weiter auf der Suche nach Freiwilligen.

Die Teilnehmer beschrieben das Experiment als positiv, einprägsam und auch als lebensverändernd, weil es ihnen dadurch möglich wurde, sich selbst aus der Enge der Wörter zu befreien und in ihre eigene Haut mit ihren eigenen Sichtweise zu schlüpfen.

Zwei nackte und beschriftete Männer stehen auf einer Straße.

Vier nackte Menschen stehen auf einer Wiese.

Zwei nackte und beschriftete Männer stehen am Strand.

Lauren Renner möchte Stereotype nicht beseitigen, sondern die Menschen mehr dafür sensibilisieren, diese Zuschreibungen zu differenzieren und zu filtern, sich nicht mehr einem Stereotyp unterordnen zu lassen. Die Macht der Wörter sollte uns allen bewusst sein, wenn wir mit und über Menschen reden. Dieses großartige Projekt ist noch lange nicht abgeschlossen und sie plant zur Zeit eine große Tour durch Europa.

Wenn Du also Lust hast, am Projekt teilzunehmen, bietet Lauren Dir einen Platz bei „In Others’ Words“ im Austausch gegen Kost und Logis. Jede_r ist willkommen, schreib einfach eine E-Mail mit dem Betreff „IOW Travel Exchange“ an lauren@laurenrenner.com.

1 Erikson, 1968


kwerfeldein – Fotografie Magazin | Fotocommunity

 
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Wie man ein geiles Foto macht

14 Aug

Ich beginne diesen Artikel mit einem komischen Gefühl im Bauch. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, dieses Thema anzuschneiden, hier in unserem Magazin. In meinem Kopf fliegen tausend Argumente hin und her und dieser Artikel ist der Versuch, diese zu ordnen.

Wie Ihr schon lesen könnt, drehen sich meine Gedanken um einen Themenkomplex, der nicht ganz leicht zu fassen ist. Wenn ich versuche, das alles in einen Satz zu packen, dann würde sich das so lesen:

Alles wird erklärt.

Ich schreibe hier nichts Neues. Jede Person kennt diese Artikel und Programme, in denen alles, was mit der Fotografie zu tun hat, erklärt wird. Wie man tolle Landschaftsfotos macht, welches Licht für ein Portrait gut ist und weshalb ein Blitz bei einem Makro so wichtig ist.

Mein ungutes Gefühl gilt jedoch nicht den Artikeln und Workshops, die insbesondere Technik erklären. Mit Technik meine ich, wie man Negative entwickelt, was Bokeh ist und wie in Lightroom die Datenbank aufgebaut ist.

Dies hat meiner Meinung nach absolute Berechtigung und ist auch notwendig. Worum es mir geht, ist das Erklären von wie man ein geiles Bild macht.

Nicht die Funktion wird erklärt, sondern die Form. Foto-Magazine, Hobby-Fotografen oder irgendwelche anderen Leute erklären in Artikeln oder Videos, wie man solch ein Foto oder so einen Effekt herstellt. In kurz: Wie man fotografiert.

Und ja, ich weiß, der Übergang zwischen Technik erklären und Kreativität erklären, der ist fließend. Jedoch fällt mir auf, dass die Detailtreue, die mitunter bis ins Kleinste auserklärt wird, sehr, sehr hoch ist.

Ihr merkt, ich kämpfe immer noch mit den Worten, aber so langsam komme ich dem Phenomen näher. Workshops, Video-Anleitungen und Blogartikel, die sich „In 10 Schritten zum perfekten (bitte Wunsch einfügen)-Foto“ nennen, beleuchten jeden noch so ungeahnten Schritt, führen „Anfänger und Fortgeschrittene“ (was auch immer das ist) direkt zum fotografischen Erfolg.

Erfolg. Ganz wichtig. Erfolg.

Was mich an alle dem stört, ist Folgendes: Diese Fotografen erklären nicht, wie sie selbst arbeiten, sondern, wie man ein tolles Bild macht. Das impliziert schon sprachlich eine fachliche Hohheit, die niemand haben kann. Denn gerade in der Fotografie ist gut oder toll doch sehr davon abhängig, wer das Bild betrachtet.

Dazu kommt – und das finde ich viel schlimmer – dass aus diesem How-To-Gedöns ein riesiger Markt entstanden ist, der jeden Mausklick bis zum „jetzt hier drücken“ vormacht.

Was passiert? Jedes Fünkchen eigener Kreativität, jeder Anschein eines Selbst-Entdecken-Wollens wird unterdrückt. Wir haben ja genügend Profis, die uns die richtigen Schritte vormachen.

Meine Kritik gilt also nicht denjenigen, die verständlich machen, wie man einen Lith-Print macht oder wie eine Langzeitbelichtung zu erledigen ist, sondern dieser riesigen Maschinerie derjenigen (ja, es sind meistens Männer), die uns sogar sagen wollen, was wir wie zu fotografieren haben.

Was kommt dabei heraus? Eine große Masse an Fotografien, die alle so aussehen, wie es die Meister vorgemacht haben. Kopien von Kopien von Kopien. In diesem Zusammenhang sei vorangestellt, dass Foto-Gurus fast immer so tun, als ob sie auf die ganzen Tricks selbst gekommen sind. Ist klar.

Was mir dabei ein schlechtes Gefühl macht, ist Folgendes: Dieser Markt macht die Kreativität und Eigenständigkeit von Fotografie-Begeisterten schon von klein auf kaputt.

Anstatt zu befördern, den eigenen Kopf einzuschalten, in sich hineinzuhören, einfach auszuprobieren und einen persönlichen Weg mit der Fotografie zu gehen, wird ständig befeuert, dass doch nun diese Technik der Hit, diese Kamera das kann und es den hundertachtundzwanzigsten Workshop für aalglatte Haut im Strobisten-Streiflicht-Studio-Setting gibt.

Eine Frau mit einem Oberteil, auf dem STOP MAKING SENSE steht.

Alles wird erklärt.

An dieser Stelle muss ich so ehrlich sein und sagen, dass ich das auch schon gemacht habe. Ich habe zig How-To-Posts geschrieben, Workshops gegeben und Videos publiziert, in denen ich genau diesen Weg gegangen bin. Zwar habe ich mich immer unwohl dabei gefühlt, den Erklär-Bär zu spielen und diesem Gefühl hätte ich früher auch folgen sollen.

Denn heute bin ich nicht sehr stolz darauf. Ehrlich gesagt schäme ich mich ein wenig dafür.

Denn wer einmal auf diesen Zug aufspringt und jeden kleinen Scheiß in Mini-Portiönchen erkären kann, bekommt relativ schnell ganz viele Fans. Und wer viele Fans hat, kann relativ schnell auch viel Geld verdienen (Ausnahmen gibt es immer). Es dauert meist nicht lange, da klingelt schon das Telefon und irgendjemand bietet Dir Geld dafür an, das, was Du machst, ganz groß rauszubringen.

Doch ich habe mich irgendwann gefragt, ob es das ist, was ich will. Ob ich mein Leben lang den Erklär-Bär spielen oder einfach mal selbst fotografieren will. Erfahrung sammeln. Die Fotografie erst einmal zu erleben und irgendwann, wenn ich alt und grau bin, vielleicht einen Workshop zu machen, der Leute herausfordert, der sie auf die eigene Bahn bringt.

Doch zuvor muss ich erst einmal meine eigene Bahn finden. Und da bin ich noch lange nicht.

Ich selbst habe mir, was Anleitungen und How-Tos betrifft, 2011 vorgenommen, erst einmal die Klappe zu halten. Zu machen, zu erleben und von meinen Erfahrungen zu sprechen, wenn ich hier schreibe. Meine Fotos zu zeigen, wenn ich sie zeigenswert finde, aber nicht darauf rumzuhacken, wann ich wie fotografiert habe und den Leser so für dumm zu verkaufen.

Kurz: Meinen Weg zu gehen und zu versuchen, aus der ganzen Suppe und den Wertvorstellungen, die ich jahrelang so vergöttert habe, herauszufinden und etwas zu machen, was erst einmal nur mir gefällt.

Meine Familie und Freunde zu fotografieren und ihnen immer wieder mal ein Foto zuzustecken, ohne Tamtam. Meine Welt festzuhalten, ohne dem ständige Drang zu folgen, anderen zu erklären, wie sie das auch machen können.

Für mich ist die Fotografie sehr intim und persönlich. Sie hat etwas mit mir und nicht mit den vorgekauten Vorstellungen von anderen zu tun.

Aus diesem Grunde bedauere ich, wie seelenlos so viel in Foto-Magazinen und -Blogs publiziert wird. Ich finde es schade, wenn ein Medium wie die Fotografie so nervtötend mit Bullshit-Erklärungen und Das ist ein geiles Bild, mach es nach, dann hast Du auch ein geiles Bild voll ist.

Wo ist hier das Menschliche? Der Zweifel? Das Rotzige? Das unperfekte Leben einer Person, die versucht, mit der Fotografie klarzukommen? Die stolpert? Die dazulernt? Die einfach lebt? Wo?

Nein, aus jedem Schrittchen, das man dazugelernt hat, bastelt man ein How-To. Ich finde das schade. Und ich möchte damit nichts (mehr) zu tun haben. Und ich weiß, wie verlockend es sein kann, alles zu erklären.


kwerfeldein – Fotografie Magazin | Fotocommunity

 
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