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Posts Tagged ‘Kunst’

kwerfeldein diskutiert: Die Grenzen der Kunst 

27 Mar

© Blake Little

Die Serie „Preservation“ des Fotografen Blake Little sorgte in den vergangenen Tagen für Diskussionen rund um das Thema Ethik vs. Kunst. Wo darf oder muss Kunst gesellschaftliche Grenzen überschreiten? Wo sind der Kunst Grenzen gesetzt? Welches Maß an ethischer Reflexion ist angebracht?
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Kunst im Museum

03 Mar

Eine Frau putzt ein Gemälde

Kunst ist genau das, was man in einem Museum erwartet. Aber der französische Fotograf Nicolas Krief zeigt in seiner Serie „Accrochages“ (frz. „Zusammenstöße“) einen völlig neuen Blick auf diese Kunst. Mit einem großartigen Sinn für Humor sieht er hinter die Kulissen des Museumsalltags.
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Die vergängliche Kunst von David Catá

07 Feb

©  David Cata

Ein Beitrag von: David Catá

David Catá ist ein Performancekünstler, Maler und Fotograf. Schmerz, Nostalgie, Erinnerung und Vergessen sind Themen, die seine Kunst kennzeichnen. Seine erste Einzelausstellung „Dandelions“ findet derzeit in Berlin statt. Zu diesem Anlass habe ich mit David Catá gesprochen.

David Catá kombiniert Fäden und Fotografie. Anders als Künstler, die Bilder mit Nähten verzieren, nutzt David Catá seine Haut als Leinwand.

Die Stiche auf seine Handflächen sind eine Metapher für eine dauerhafte Symbiose zwischen Zeit und Vergessen. Cata näht Gesichter geliebter Menschen in seine Handflächen. Wenn die Fäden entfernt werden, verbleiben Einstichstellen in der Form des Portraits in seinen Händen.

David Catás Arbeiten lassen niemanden unberührt. Von Liebkosungen der Löwenzahnsamen bis zur Brutalität von Stichen reichend, ist sein Werk von einer tiefen Innenansicht geprägt – einem verzweifelten Versuch, Erinnerungen festzuhalten und sich mit dem Schmerz des Vergessens zu konfrontieren.

Junge mit Sonnenblumensamen.

Frau mit Sonnenblumensamen.

Hast Du das Nähen für Deine Projekte gelernt oder konntest Du bereits vorher mit Nadel und Faden umgehen?

Die Wahrheit ist, dass mein Interesse am Nähen, oder besser gesagt dem Nähen auf der Haut, erst vor fünf Jahren während meines Masterstudiums auftauchte. Vorher habe ich noch nie genäht, ich wusste noch nicht einmal, wie man Knöpfe befestigt. Aber als Kind habe ich immer mit Nadeln meiner Mutter experimentiert und versucht, sie durch meine Haut zu stechen. Meine Mutter hat oft nächtelang genäht.

Wie hat Deine Familie reagiert, als sie bemerkte, dass Du ihre Portraits auf Deine Handinnenflächen nähst?

Sie waren erstaunt und besorgt. Aber meine Familie ist heute froh, Teil des Projekts zu sein, weil sie den Sinn dahinter verstehen.

Wie viel Zeit musst Du zwischen zwei Performances verstreichen lassen?

Ich warte immer solange, bis sich die Haut vollständig regeneriert hat. Das dauert in der Regel vier Wochen. Das heißt aber nicht, dass ich alle vier Wochen ein Portrait in meine Hände steche. Ich mache das nur, wenn ich ein Bedürfnis danach verspüre.

Ein vernähter Handschuh

Haus schwebt auf Hand

Welche Rolle spielen Schmerzen bei der Art und Weise, wie Du Deine Familie portraitierst?

Obwohl meine Arbeit schmerzhaft zu sein scheint und wie ein aggressiver Akt gegen meinen Körper wirkt, spreche ich immer von emotionalen (und nicht körperlichen) Schmerzen. „Overexposed Emotions“ ist ein Projekt, das von Schmerz spricht, aber vor allem davon, wie die Menschen, die ich auf meiner Haut portraitiere, mein Leben geformt und eine Spur hinterlassen haben.

Welche Technik hast Du benutzt, um die Löwenzahnsamen auf Deinen Modellen zu befestigen?

Die Löwenzahnsamen klebe ich vorsichtig auf Menschen und Objekte. Das ist eine heikle Vorgehensweise, weil die Samen so zerbrechlich sind. Mein Projekt nutzt Löwenzahnsamen als Metapher für die Vergänglichkeit des Lebens, weil sie einerseits die Überreste einer verdorrten Blume und andererseits der Beginn einer neuen Pflanze sind.

Deine Arbeit ist sehr intim und zart, aber auch brutal und schockierend zugleich. Glaubst Du, dass dieses Spannungsverhältnis den Reiz für Dein Publikum ausmacht?

Meine Arbeiten spielen mit Gegensätzen: Liebe und Schmerz, Vergessen und Erinnern, Bindung und Verlust. Und das erzeugt eine gewisse Spannung beim Betrachter. Einerseits will man nicht hinschauen, andererseits kann man nicht wegschauen. Ich will Gefühle mit meinen Bildern auslösen.

Buch mit Sonnenblumensamen

Bild mit Sonnenblumensamen

Was sind Themen, mit denen Du normalerweise arbeitest? Glaubst Du, dass Kunst eine Waffe für politische Veränderungen sein kann?

Die Themen, die mich bewegen, umkreisen Erinnern, Vergessen, Schmerz und Beziehungen. Diese Themen beschäftigen mich zunehmend. Ich glaube, dass Kunst ein emotionaler Defibrillator für Gefühle und soziale Interaktionen sein kann. Kunst regt uns zum Nachdenken an und stellt die Schwächen von Menschen zur Schau.

Warum hast Du Dich entschieden, nach Berlin zu ziehen?

Ich kam aus persönlichen und beruflichen Gründen nach Berlin. Ich möchte als Mensch wachsen und meine Arbeiten weiterentwickeln. Berlin ist eine Stadt, die ständig in Bewegung ist und das ist es, was ich derzeit brauche.

Mit welchen Projekten möchtest Du Dich in der Zukunft beschäftigen?

Gerade bereite ich mehrere Ausstellungen in Spanien vor, aber ich arbeite auch an meinem zweiten Fotobuch, das „In the skin“ heißen wird. Vor ein paar Wochen habe ich mein erstes Buch veröffentlicht, das „Let me fly“ heißt. In einem weiteren Projekt versuche ich, meine beiden Leidenschaften, die Fotografie und die Musik, miteinander zu kombinieren. Und ich beschäftige mich auch mit der Malerei.

Eine Pflanze hängt in einer Hand

Vernähte Hände

Die von Ana Sanfrutos kuratierte Einzelausstellung von David Catá kann noch bis zum 15. Februar 2015 im Kleinen Salon, Manteuffelstrasse 46, 10997 Berlin besichtigt werden. Internetgaleriebesucher können sich auf David Catás Webseite umschauen.

Die englische Originalversion dieses Interviews wurde auf Sleek publiziert und für kwerfeldein von Kat Kapo für Euch ins Deutsche übersetzt.


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Die Kunst von Paula Muhr

09 Sep

Paula Muhr beschäftigt sich mit Fotografie als historisches und zeitgenössisches Instrument der Wirklichkeitserzeugung. Ihre Installationen aus inszenierter Fotografie, Found Footage und filmischen Montagen basieren auf wissenschaftlichen Prinzipien und beziehen aktuelle empirische Befunde ein. Zentraler Gegenstand ist die Diskussion gesellschaftlicher Erscheinungs- und Verhaltensnormen.

Ich traf die aus Serbien stammende Künstlerin Paula Muhr in ihrer Berliner Wohnung, wir sprachen über biographische Bezüge ihrer Arbeit, die nicht nur Brücken zur Psychologie und Philosophie schlägt, sondern auch aktuelle Befunde der Neurowissenschaften einbezieht.

Paula Muhrs Arbeiten verzaubern, verstören, regen an und hinterfragen. Interessant an ihren Arbeiten ist vor allem, dass sie auch unabhängig von jedem theoretischen Hintergrund erfahren werden können. Das heißt: Paula Muhr bietet zwar Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit Inhalten an, überlässt jedoch den Betrachtern, auf welchen Wegen sie mit den Arbeiten kommunizieren wollen.

Im folgenden Beitrag werden Hintergründe zu einigen ausgewählten Arbeiten vorgestellt. Es sei allerdings den Lesern überlassen, ob sie sich mit Text und Bild auseinandersetzen möchten oder die Arbeiten frei vom konzeptuellen Hintergrund auf sich wirken lassen wollen.

Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen Fragen zur Konstruktion von Identität. Als Paula Muhr nach Deutschland kam, sah sie sich mit einem Land konfrontiert, in deren Sprache sie sich anfangs nicht frei ausdrücken konnte. Sie begann zunächst, die Verbindung zwischen Sprache und Gefühl sowie die Rolle des Umfelds zu erkunden.

Eine ihrer ersten Arbeiten, die in diesem Zusammenhang entstand, war „Etat normal“. Zentraler Bestandteil dieser Arbeit waren Selbstportraits, die in unterschiedlichen Momenten der Ekstase entstanden, in denen die Künstlerin keine Kontrolle über ihren emotionalen Ausdruck hatte.

Vier Gesichter der Paula Muhr in verschiedenen Gefühlsregungen

Auf den Selbstbildnissen sieht man deformierte Gesichtszüge und Grimassen, die nicht eindeutig einem Gefühlsausdruck zuzuordnen sind, sondern eher gemischte Gefühle wiederspiegeln. Die Serie hinterfragt damit, inwieweit die Fotografie authentische Bildnisse produzieren kann, da die Persönlichkeit eines Portraitierten häufig nicht von ihrer Wirkung im Kontext eines Umfelds substrahiert werden kann. Paula Muhr erklärt genauer:

Ziel dieser Arbeiten war es, Selbstportraits zu erzeugen, die sich semantisch jeder einfachen und eindeutigen Interpretation entziehen. Damit wollte ich die Unlesbarkeit von gemischten oder komplexeren Gefühlen thematisieren. In der psychologischen Forschung wird häufig von den sechs Basisemotionen gesprochen (das heißt Freude, Angst, Ärger, Schuld, Scham, Überraschung). Menschen erleben allerdings in komplexen Situationen häufiger gemischte, anstatt eindeutig zuordenbare Gefühle. In meiner Arbeit wollte ich auf diese Diskrepanz zwischen Realität, Wissenschaft und Bild hinweisen. Tatsächlich ist es sehr schwer oder fast unmöglich, komplexe emotionale Zustände an Gesichtern oder der Fotografie eines Gesichts eindeutig zu identifizieren.

Vier Gesichter der Paula Muhr.

Paula Muhr erweiterte die Serie, indem sie Portraits entwickelte, die nach Vorgaben ihrer Mutter entstanden. Auf diesen „Nullportraits“ bestimmte ihre Mutter, dass sie sich konservativ anziehen und nicht lachen solle. Inhaltlich geht es darum, zu bestimmen, wo Identität anfängt beziehungsweise aufhört, das heißt, wer wir durch die Existenz des Anderen sind. Es geht aber auch um Abgrenzung von Identitätsvorgaben und wie man die eigenen Interessen, Wünsche, Ziele unabhängig von Anderen ausleben und gestalten kann.

Paula Muhr löst diesen Konflikt über das Mittel der Collage. Sie greift in die entstandenen Portraits ein, indem sie sich dem Willen ihrer Mutter auf gewisse Weise widersetzt. Die emotionslosen Augen ersetzt sie durch emotionsvollere Augen eines anderen Selbstportraits. Der neutrale Mund wird durch einen lachenden Mund ersetzt. Auf diese Weise gewinnt die Künstlerin Kontrolle über ihre eigene Identität zurück. Diese Selbstportraits in Momenten der Ekstase, Portraits nach Vorgabe ihrer Mutter sowie die zerstörten Nullportraits bilden eine Arbeit, da sie die Formierung von Identität in Abhängigkeit von äußeren Quellen kritisch beleuchten.

Zwei Gesichter der Paula Muhr mit ausgeschnittenen und neu eingefügten Augen und Mund.

Von diesen Selbstportraits ausgehend, begann Paula Muhr über historische Emotionskonzepte in Bezug zu Geschlechterverhältnissen zu forschen. Dabei stieß sie auf Arthur MacDonald, der 1985 das Buch „Abnormal Woman“ publizierte. Interessanterweise war MacDonald kein Wissenschaftler, sondern pflegte eine gewisse Leidenschaft für wissenschaftliche Erkenntnisse und führte psychologische Experimente fernab von ethischen Konventionen als Hobbywissenschaftler durch.

MacDonald postulierte, dass Gefühle der Liebe bei Frauen zu Wahnsinn führen. Er definierte Liebe als Zustand der Obsession und eines Deliriums, der sich in borderline-typischen Gefühlsschwankungen zeige. Er ging davon aus, dass Männer, im Gegensatz zu Frauen, charakterstärker und für intensive Gefühlsregungen unempfänglicher seien.

Um seine Hypothesen zu überprüfen, rekrutierte er Frauen über Kontaktanzeigen, in der er als „Mann höherer sozialer Klasse“ nach Frauen suchte, die ihm offen über die eigene Person Bericht erstatten. Im Prinzip verschleierte er sein Forschungsvorhaben im Rahmen einer uneindeutig formulierten Kontaktanzeige.

Tatsächlich fand er Frauen, die sich für seine Forschung zur Verfügung stellten. MacDonald vermaß den Körper und die Reflexe der Frauen, aber auch ihre Reaktionen auf Druck und Schmerz. Paula Muhr nimmt auf diese historische Quelle Bezug und portraitiert den weiblichen Körper mit Nadeln gespickt. Die Fotografien entwickeln durch ihre Konzeption malerisch-sinnliche Ästhetik, und hinterfragen die rationale, erkenntnistheoretische Kraft der pseudowissenschaftlichen Erkenntnisse von MacDonald.

Females under tension © Paula Muhr

Females under tension © Paula Muhr

Um die Serie noch stärker in einen zeitgenössischen Kontext zu transportieren, bat Paula Muhr Frauen aus heutiger Sicht auf die Kontaktanzeige zu antworten. Zusätzlich bat sie einen Mann in der Funktion eines Ghostwriters aus der Perspektive einer Frau auf die Anzeige zu reagieren. Diese Antworten, die sie durch eine computergenierte Stimme wiedergibt, kombiniert sie mit filmischem Material aus „How a French Nobleman Got a Wife through the New York Herald ‘Personal’ Column“ (1904).

Die Geschwindigkeit des Films ist so adjustiert, dass eine hypnotische Stimmung erzeugt wird. Die Verlangsamung des Tempos und durch die Montage mit der computergenerierten Stimme wird absichtlich ein Komik-Effekt erzeugt. Die Montage wirkt also ein bisschen slapstick-artig und ist von einer Art schwarzem Humor geprägt.

Ein Kinosaal und ein Bild auf der Leinwand.

Paula Muhr hinterfragt damit historische und zeitgenössische Zuschreibungen der Persönlichkeit von Frauen sowie die Definition von Krankheit in medizinisch-psychologischen Abhandlungen des 19. Jahrhunderts.

Bei ihren weiteren Recherchen stieß Paula Muhr auf psychoanalytische und medizinische Schriften sowie neurologische Dokumente über Hysterie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In ihrer Serie Double Flowers erweitert sie die Annäherung an historische Wirklichkeitskonstruktion anhand des Beispiels „weiblichen Wahnsinns“.

Der Titel Double Flowers bezieht sich auf eine Bezeichnung Joseph Breuers, in der Hysterikerinnen als Beispiel für verführerische weibliche Abnormität dargestellt werden. Das Projekt nutzt Originalfotografien hysterischer Patientinnen der Nervenanstalt Salpêtrière in Paris zwischen 1870 und 1905, die zum Zwecke der Katalogisierung von Erscheinungsformen der Hysterie erstellt wurden.

Zwei Bilder einer Frau, einmal von vorne und einmal von hinten.

Die historischen Abbildungen weiblicher Patientinnen wurden mit Gegenständen, Pflanzen und Tiere collagiert, um die symbolische Bedeutungen der Ikonografie der Stilllebenmalerei zu berücksichtigen. Behutsam schmiegen sich Weidenblüten, Insekten, Hase und Hummer an den Körper der Frauen, eine Mooslandschaft bedeckt den weiblichen Schoß.

Durch die Neukombination wurde die ursprüngliche Bedeutung der Pathologien aufgehoben und die Portraits erhalten eine neue ikonografische Bedeutung. Paula Muhr stellt damit die Codes von Abnormalität in Frage. Durch die lebensgroße Darstellung der Portraitierten erhalten die abgebildeten Frauen ihre Persönlichkeit zurück, die in den ursprünglichen medizinischen Abhandlungen entmenschlicht wirken.

Die Vorder- und die Rückansicht einer Frau. Auf ihren Körpern tote Tiere.

Des Weiteren wird die Rolle der Fotografie in wissenschaftlichen Abhandlungen kritisch diskutiert. Paula Muhr erklärt, dass man die Abbildungen in medizinischen Handbüchern zur Hysterie heute ohne den angehängten Text nicht mehr verstehen kann. Auf vielen Portraits ist der zugeschriebene Wahnsinn nicht wirklich kenntlich.

Dieses Projekt unterstreicht, dass die Definitionen von psychischen Störungen immer vor dem Hintergrund einer Zeitgeschichte wirken und demnach variabel sind. Vor dem Hintergrund aktueller Debatten um das DSM-5 (ein Handbuch psychischer Störungen) sind die Arbeiten von Paula Muhr hochaktuell.

Vorder- und Rückseite einer Frau mit toten Tieren.

Die Arbeit von Paula Muhr hat nicht nur durch diesen aktuellen gesellschaftspolitischen Bezug ein Alleinstellungsmerkmal. Ihre Arbeiten erinnern mich an die Konzeptkunst von Sophie Calle, gepaart mit der Aussagekraft der performativen Arbeiten der aus Belgrad stammenden Performancekünstlerin Marina Abramovic. Ihre Projekte bestechen nicht nur durch die feinfühlige Analyse menschlichen Erlebens und Verhaltens, sondern auch durch die ausgewählten ästhetischen Gestaltungsprinzipien.

Wer sich näher mit der großartigen Kunst von Paula Muhr beschäftigen möchte, sei eingeladen ihre Webseite oder eine ihrer kommenden Ausstellungen zu besuchen.


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Als die Kunst nach Abertillery kam

03 Sep

Ein Beitrag von: Kicktplate Project

Dies ist die Geschichte von Dafydd und Zosia, die sich trauten, einer Idee Raum zu geben und einem kleinen und verschlafenen Ort in Wales etwas Kostbares schenkten.

Im August hatte ich das erste Mal Kontakt mit Dafydd und Zosia. Sie fragten mich, ob ich Lust hätte, vier Bilder meiner Serie „Metamorphose“ in einer kleinen Galerie in Wales zu zeigen.

Nach und nach erfuhr ich immer mehr über die Hintergründe dieser Anfrage und fand allein die Idee und die Energie, die beide in ihr Projekt steckten so wärmend, das ich sie um ein Interview bat, um sie Euch heute hier vorstellen zu können.

aussicht © Kickplate Projekt
eine Stadt mit guter Aussicht

Wer oder was ist das Kickplate-Projekt? Erzählt ein wenig über die Hintergründe.

Wir sind Dafydd und Zosia, autodidaktische Fotografen, die das Kickplate-Projekt im Juli dieses Jahres als Kunstkollektiv gegründet haben.

Wir haben uns vor vier Jahren in Neapel, in Italien getroffen und sind seitdem mindestens ein Dutzend Mal umgezogen. Nachdem wir zwei Jahre in Polen und Italien lebten und rumgereist sind, sind wir nach Abertillery, Dafydds Heimatstadt in den Valleys, einer Region im Süden von Wales, zurückgekehrt.

Aus persönlichen und ökonomischen Gründen waren wir zu dieser Zeit auch ziemlich aufgeschmissen. Das Leben in einer post-industriellen Stadt, die außer schönen Aussichten nicht viel zu bieten hat, kann ziemlich langweilig und überwältigend sein. Wir vermissten die Dinge, die wir so genossen hatten, als wir in den großen Städten gelebt hatten: Zu Ausstellungen gehen und mit anderen Menschen interagieren.

Wir hatten schon immer davon geträumt, eine Kurzzeit-Galerie zu haben, aber wir hatten nie in Erwägung gezogen, sie hier umzusetzen. Und als wir dann eines Tages Ende Juni durch die Stadt gingen, sahen wir es – einen kürzlich aufgegebenen Friseursalon.

So begann das Kickplate-Projekt als Kurzzeit-Galerie in einem ehemaligen Friseursalon in Wales – sie hat ihren Namen von den Metallplatten, die immer noch an ihrem Platz sind und an die Vergangenheit unserer Galerie erinnern.

kickplate

Kickplate: Stoßblech – Substantiv. Eine am unteren Ende von Türen angebrachte Metallplatte gegen Stöße und Kratzer.

Oder: Metallplatten, die an den Wänden von Friseursalons angebracht sind, um zu verhindern, dass ungeduldige Kunden die Wände mit ihren Schuhen zerstören, während sie ihren Haarschnitt bekommen.

Sie dienen auch dazu, Fotos an der Wand unserer Kurzzeit-Galerie aufzureihen.

Unser Ziel ist es, qualitativ hochwertige internationale Fotografie an einen Ort zu bringen, der keine ständige Galerie besitzt. Zu zeigen, dass Kunst nicht einer sozialen Gruppe vorbehalten ist und neue Künstler zu fördern.

Erzählt uns doch auch noch ein wenig mehr über Euch selbst. Wer seid Ihr?

Wir wurden beide an entgegen gesetzten Enden des Jahres 1984 geboren, aber etwa auf dem gleichen Breitengrad.

Dafydd kommt aus Wales und hat als Grafikdesign-Praktikant, Verwalter einer Putzfirma, eines Finanzunternehmens und des Gesundheitsdienstes, sowie als Englischlehrer, Korrekturleser, Hostel-Rezeptionist sowie autodidaktischer, experimenteller Fotograf gearbeitet. Nun ist er nur noch ein experimenteller Fotograf und Kamera-Bauer und hofft, dabei auch zu bleiben. Er hat in Polen und Italien gelebt, ist aber kürzlich in sein Heimatland zurückgekehrt.

Dafydd hat vor ein paar Jahren begonnen, analoge Fotos zu machen und seitdem einige Kameras umgebaut. Etwa hat er eine Holga in eine doppelseitige Kamera mit einer Lochkamera auf der Rückseite verwandelt, zwei Großformat-Fachkameras gebaut und arbeitet an seiner dritten. Er genießt es, neue Techniken auszuprobieren und hat am (vielleicht ersten) Polaroid-Filmtausch mit einem österreichischen Fotografen teilgenommen.

Außerdem hat er an „Pray for Japan by the 101“ teilgenommen, einem Projekt, das Geld für die Tsunami-Opfer in Japan sammelt. Eines seiner visuellen Gedichte war Teil eines Buches von Hanan Kazma. Im Jahr 2012 hat Dafydd sein erstes Buch, „peculiar truths“, veröffentlicht.

z and d © Kickplate Projekt
Dafydd und Zosia

Zosia Krasnowolska kommt aus Polen, ist studierte Kulturwissenschaftlerin, Übersetzerin, Filzerin und lebenslang Kamerasüchtige. Sie arbeitet fast ausschließlich mit abgelaufenem Film oder solchem aus dem Supermarkt und benutzt meistens ihre Lieblingskamera, eine Praktica mtl50.

Zosia dokumentiert leere Räume, das Vergehen der Zeit und den Ausdruck der Persönlichkeit von Menschen in eingeschränkten räumlichen Grenzen. Das Format, das sie dabei bevorzugt, sind „natürliche Diptycha“, also ein Bild, das aus zwei aufeinanderfolgenden Bildern desselben Filmstreifens besteht – manchmal geplant, manchmal zufällig.

Zosia ist besonders interessiert an Feminismus und Frauenrechten. Im letzten Jahr nahm sie an „The Interpersonally Happy“ teil, einem Projekt, das ins Leben gerufen wurde, um das Bewusstsein für häusliche Gewalt zu schärfen

gallery outside © Kickplate Projekt
Blick von der Church Street in die Galerie

Die einzige Galerie in einer Stadt. Wie genau sieht das Konzept des Kickplate-Projekts aus?

Für uns ist das Kickplate-Projekt ein Weg, um gegen die Kleinstadt-Langeweile zu kämpfen, die Zielgruppe von Kunst in Frage zu stellen und dieses Publikum zu erweitern. Kunst direkt in die Leben und Gemeinden der Menschen zu bringen, denen in der Vergangenheit gesagt wurde, dass Kunst nichts für sie ist.

Wir glauben stark an die Wichtigkeit des alltäglichen Kontaktes mit Kunst und glauben, dass es das Leben der Menschen bereichert, ihre Sensibilität schärft und ihnen dabei hilft, unterschiedliche Aspekte der Existenz zu erfahren. Besonders in einer post-industriellen Stadt, der sonst eine ständige Galerie fehlt.

Kunst ist im Vereinigten Königreich sehr elitär geworden. Im Bezug darauf, wer ein Künstler werden kann ebenso wie darauf, für wessen Augen Kunst gemacht ist. Wir denken, das ist falsch und führt nirgendwohin – außer in die Auktionshäuser!

Von Kunstgalerien sollte nicht erwartet werden, Geld zu machen, um öffentlich gefördert zu werden, das widerspricht der ganzen Idee von öffentlicher Förderung. Das ist ein sehr ernstes Problem in einer Zeit, die geprägt ist von einer Sparpolitik, die darauf ausgerichtet ist, die Uhr ein paar hundert Jahre zurückzudrehen.

Was habt Ihr bereits erreicht und was ist in Zukunft geplant?

Bis jetzt haben wir zwei internationale Fotoausstellungen organisiert.

„Visitors“ präsentierte acht Künstler aus Litauen, dem Libanon, Frankreich, Österreich, Ungarn, Polen und Wales, die eine breite Palette von Stilen und Techniken der Fine-Art-Fotografie zeigten.

„behind her ‚I’s“, das wir am 3. August eröffneten, zeigt Bilder von Frauen, aufgenommen von fünf Fotografinnen aus Georgien, dem Libanon, Deutschland und Kaliningrad. Es ist darauf ausgerichtet, der Art, wie Frauen normalerweise in den Medien und Künsten portraitiert werden, etwas entgegenzusetzen.

Wir planen, in diesem Raum mindestens drei weitere Ausstellungen zwischen September und Dezember abzuhalten und versuchen im Moment, dafür eine Finanzierung zu erstellen – bisher haben wir alle Kosten selbst getragen.

visitors panorama © Kickplate Projekt
Panorama der Ausstellung „Visitors“

behind her Is © Kickplate Projekt
Panorama der Ausstellung „behind her ‚I’s“

Wegen des nomadischen Charakters unseres Lebensstils und der relativ zeitgenössischen Natur der Galerie würden wir das Kickplate-Projekt gern auch an andere Orte bringen, wobei Neapel und Warschau die nahegelegendsten Stationen sind – aber wir sind gespannt, Deine Vorschläge zu hören! Wir hoffen, dass das, was wir bisher getan haben, eine nachhaltige Auswirkung auf die lokale Gemeinde sowie die kulturelle Politik hat und dass es ähnliche Initiativen in der Zukunft ermutigen wird.

Wie und wo sucht Ihr nach Künstlern für Eure Galerie?

Wir haben versucht, Leute über Online-Plattformen zu finden, wir haben auch Online-Galerien und Fotoprojekte durchsucht, die wir interessant finden. Wir arbeiten auch mit Mundpropaganda, den Empfehlungen von Künstlern, die wir kennen. Wir mögen es besonders, Künstler zu finden und auszustellen, die anders vielleicht nicht die Chance gehabt hätten, ausgestellt zu werden, weil sie ihre Fotos vielleicht in einer sehr ungewöhnlichen Art herstellen.

Wir versuchen, Künstlern die Möglichkeit zu geben, die Hürde zu umschiffen, dass man „ausgestellt haben muss, um ausgestellt zu werden“, eine wirklich bizarre Schwelle, die die meisten Kunstanstalten aufrecht erhalten.

Besucher © Kickplate Projekt
Neugierde und reges Interesse zeigten die Besucher der Ausstellung.

Wir glauben daran, dass man, um bedeutsame und qualitativ hochwertige Kunst zu machen, nichts Künstlerisches studiert haben muss. Eine Idee, die sich, trotz der Existenz zahlreicher berühmter Gegenbeispiele, immer noch hartnäckig in der Kunstwelt hält.

Aus dem selben Grund sind wir auch keine großen Freunde davon, die Künstler Statements schreiben zu lassen. Wir glauben, dass gute Kunst für sich selbst sprechen kann – außer, ein Kommentar ist Teil des Projektes. Das heißt, wir hören gern zu, aber wir zwingen nicht jeden dazu, einen Kommentar zu seiner ihrer Arbeit abzugeben, wenn er es nicht möchte – das ist doch immer noch die Aufgabe von Kunstkritikern!

Ebenfalls aus diesem Grund denken wir auch nicht, dass Fotos immer in Form von Serien kreiert werden müssen – wir sind vollkommen glücklich damit, Einzelbilder zu betrachten. Wir würden gern Künstler aus Ländern finden, die künstlerisch übersehen werden oder im Westen unterrepräsentiert sind.

Zum Abschluss erzählt uns noch ein wenig über die Resonanz Eurer Besucher. Wie fielen ihre Reaktionen im Speziellen aus?

Die Reaktionen waren überwältigend positiv. Abgesehen von guten Rezensionen haben wir Geschichten über fotografische Erfahrungen, Lieblingskameras und Familienfotos gehört – und wir wurden umarmt! Viele Menschen waren überrascht und sagten, dass es Zeit war, eine Fine-Art-Ausstellung in Abertillery zu sehen.

Die zentrale Lage unserer Galerie macht es der breiten Öffentlichkeit zugänglich und während einige Leute am Anfang scheu waren, wurde ihre Neugier doch bald offensichtlich. Wir haben keine Rezeption, daher war es offensichtlich, dass die Ausstellung kostenlos zu sehen ist und es fühlte sich einfach wie ein weiterer Laden auf der Straße an. Viele Besucher kamen mehr als einmal wieder, um sich ihre Lieblingsfotos anzusehen. Wir waren froh, zu sehen, wie die Menschen auf die sehr unterschiedliche Auswahl der Fotos reagierten, was interessant für beide Seiten war.

opening 7 © Kickplate Projekt

Ich danke Zosia und Dafydd für ihre Zeit und Geduld. Ich hoffe, dass ihr Projekt eine Zukunft hat und andere ermutigt, Ähnliches zu realisieren oder solche Projekte zu unterstützen.

Wer das Kickplate-Projekt unterstützen möchte, ist herzlich eingeladen bei der Kickstarter-Kampagne des Projektes vorbeizuhuschen.


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