Der Winter war vorbei. Die Hände hatten keine Lust mehr auf Chemie und der Kopf wollte Farbe. Als die ersten wärmeren Sonnenstrahlen das Land umfingen, schnappte ich mir Anne und einen Adox „Color Implosion“-Film.
Genau danach war mir nämlich. Aus meinem Hirn musste der ganze Schmodder raus. Über die Wintermonate hatten sich böse Gedanken direkt neben die Geister gesetzt. Meine erste Ausstellung war gerade vorbei und meine Künstlerseele war in einem heftigen Disput mit sich selbst und ihrer Schaffenskraft.
Plötzlich überlegte ich nämlich, was das alles soll, wohin das überhaupt führt und führen soll. Die oft gestellte Frage – Warum macht man das überhaupt? – lief ins Nirgendwo, ankerlos wippte ich auf dem Meer der Möglichkeiten.
Der einzige Gedanke in meinem Kopf war: Raus hier! Ich ging konzeptlos in den Wald, ohne Bilder im Kopf, ohne eine Idee, ohne Anforderung an mich selbst und die anderen. Ich wollte die elendige Melancholie, die so oft von mir und anschließend auch von meiner Umgebung Besitz ergreift, abschütteln.
Ich lieh mir ein lachsfarbenes Kleid, wir suchten eine grüne Wiese und Bäume. Ich machte, was meine Hände schon ohne meinen Kopf ganz gut konnten: Durch den Sucher schauen, scharf stellen, klick, aber ohne dabei schwarzweiß zu denken. Denn die Kunst überließ ich dieses Mal ganz dem Film und seiner, so hieß es auf der Packung, surrealen Wirkung.
Ich liebte das Rot ihrer Lippen, die Farbe und den Schwung des Kleides. Ich liebte das Grünbraun der Wurzeln und das Moos auf Steinen und ausgewurzelten Bäumen. Ich liebte diesen Tag, die angenehme Wärme, den kühlen Wind, der nach Norden und Aufbruch duftete.
Wir waren wie Kinderseelen. Kletterten, erkundeten, fanden und staunten. Hin und wieder sagte ich stop, schaute sie an und hielt fest, was ich festhaltenswert fand.
So blieb in meinem Kopf dieses eine Bild. Der umgeworfene Baum, den wir zufällig fanden, weil wir die falsche Abbiegung nahmen, das moosige Grün, auf das sie sich bettete.
Vielleicht wird dieses Bild Teil einer Serie, aber vielleicht bleibt es auch einfach für sich selbst. Für ein Auftauchen aus dem Schwarzweiß meiner Gedanken, für einen anderen Teil meines Schaffens und Wollens. Vielleicht auch eine kleine Revolution gegen mich selbst, gegen das Stehenbleiben und Festgefahrene.
Über die Qualität dieses Films möchte ich jedoch keine Aussage treffen. Es ist vielleicht wie mit Spinat: Der eine mag’s und ein anderer ist zutiefst erschüttert.
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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