Gjakove. Ich besuche mit Zef und Sara eine kleine Kommune für Roma, Ashkali und Ägypter – die Caritas hat hier einige Häuser für die Ärmsten gebaut. Nach einer kleinen Einführung mit der Projekt-Leiterin führt uns der Sozialarbeiter, der hier Angebote für Kinder macht, zum Haus einer Familie.
kwerfeldein – Fotografie Magazin | Fotocommunity
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Kosovo: „Für mich ist das Leben hier scheiße.“
Hier gibt es nichts zu sehen
Liebe Leser, heute haben wir keinen Artikel für Euch. Es mag überraschend sein, aber auch wir haben manchmal so ein Loch. Da geht nichts. Wir haben keine Ideen und keine fertigen Artikel von anderen Fotografen. Und bevor wir Euch irgendetwas Halbgares vorsetzen, verzichten wir lieber ganz darauf.
Jedoch möchte ich Euch heute herausfordern.
Wie steht es um Euren Konsum?
Was, wie bitte? Konsum? Was hat das mit kwerfeldein oder Fotografie zu tun?
Nun, auf den ersten Blick: Gar nichts. Auf den zweiten aber: Eine ganze Menge. Ich möchte das kurz erklären.
Wir alle sind auf dieser Webseite, weil wir die Fotografie lieben. Und das Internet.
Täglich gibt es hier frische Inspiration abzuholen, die nur noch gelesen und bewundert werden muss. Und weil es nicht nur kwerfeldein, sondern auch hunderttausend andere Webseiten gibt, kann es ja so schnell nicht langweilig werden.
So weit, so gut.
Aber: Wir können auch zu viel konsumieren. Zu Sesselhockern werden, die nur noch den metaphorischen Schnabel aufhalten und warten, bis der Wurm eingeworfen wird.
Das kann soweit gehen, dass wir vor lauter geilen Sachen im Netz vergessen, das wir selbst ebenfalls in der Lage sind, geile Sachen zu produzieren. Zu erschaffen. Selbst aktiv zu sein.
Denkt mal drüber nach. Beobachtet Euch mal. Was passiert heute, da es auf kwerfeldein „nichts“ gibt? Wo klickt Ihr jetzt hin? Was macht Ihr, um das Loch zu stopfen?
Wenn Ihr aber da dieses unendliche Verlangen nach Entertainment spürt, dann… spürt da mal hin.
Und fragt Euch, ob Ihr das wirklich wollt. Oder wie es wäre, mal wieder an den eigenen Fotoprojekten zu arbeiten. Oder gar heute noch den Gurt über die Schulter zu werfen und für eine Stunde rauszugehen. Zu fotografieren.
„Hey Martin, so verlierst Du aber Leser!“
Das mag sein. Aber ich sehe kwerfeldein nicht als etwas, bei dem es um gewinnen oder verlieren geht. Wir als Magazin haben neben der täglichen Publikation von tollen Fotos auch die Aufgabe, Euch herauszufordern.
Vergesst nicht, wer Ihr seid.
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Holt mich hier raus!
Ein Beitrag von: Nico Baumgarten
Wachstum ist noch immer das Leitmotiv unserer Zeit. Nur wirtschaftliches Wachstum kann uns aus der Krise holen, eine Firma vorm Bankrott retten, unsere Bildung und Altersvorsorge sichern.
Ohne Wachstum keine Zukunft. Die Weltbevölkerung wächst und wächst, aus Städten werden Großstädte, aus Großstädten werden Mega-Cities. Wachstum ist +, Wachstum ist positiv, Wachstum ist gut, Wachstum ist groß, ist hoch, ist weit.
Doch gleichzeitig gibt es Orte der Schrumpfung, Orte an denen die Dinge irgendwie anders funktionieren müssen. Weil die großen Firmen nicht mehr da sind, weil die Arbeitslosigkeit langweilig wird, weil die Sterberate über der Geburtenrate liegt, weil die Menschen wegziehen.
Auf mich haben diese Orte schon immer einen großen Reiz ausgeübt. Ich stellte mir vor, dort alternative Lebens- und Überlebenskonzepte finden zu können. Es müssten Orte sein, an denen man frei ist, sich zu entfalten.
Denn es gibt genug Platz. Das Leben kostet nicht viel. Die Zeitungen berichten nicht mehr. Es ist kein Geld da für staatliche Kontrolle. Und auch die sich ständig beschwerenden Nachbarn sind längst weggezogen.
Doch die Bilder der Fotografen, die sich seit dem Beginn der aktuellen Wirtschaftskrise diesem Thema gewidmet haben, entsprechen so gar nicht meinen Fantasien dieser Orte.
Ihre Fotoserien zeigen leere Häuser, „zu verkaufen“-Schilder, Junkies und gelangweilte Jugendliche auf dem Weg zum Junkie. Verlassenheit, Depression, Schatten, Verfall, Trauer. Eine visuelle Untermauerung der Wachstumsdoktrin.
Doch wo sind die Potenziale, die neuen Ideen, die Querdenker? Im Frühjahr 2010 habe ich mich auf die Suche begeben und bin nach Dessau gefahren. Und tatsächlich: Die leerstehenden Gebäude drängen sich mir geradezu auf und auch in den Gesichtern der Passanten sehe ich mehr Leere denn sprudelnde Ideen.
Ein Viertel der Einwohner haben seit der Wende die Stadt verlassen und ich spüre, dass sich auch die Menschen hier verlassen fühlen. Dessau hat es auch wirklich nicht leicht gehabt: Die meisten Betriebe haben den überstürzten Wechsel vom Sozialismus zum Kapitalismus nicht überlebt.
Die Lokalpolitiker wollten die Schrumpfung nicht als Zukunftsszenario akzeptieren und haben für immer weniger Einwohner immer mehr Einkaufszentren gebaut.
Bis zum Jahr 2002. Mit einem Paukenschlag kündigten Politiker und staatliche Institutionen ihren Kurswechsel an: „Less is future“ lautete das Motto der Internationalen Bauausstellung.
Internationale Experten und Künstler gaben über die Köpfe der lokalen Bevölkerung hinweg mehr als 200 Millionen Euro aus, um ein altes Konzept neu zu verkaufen: Abnahme an Bevölkerung = Abriss von Gebäuden.
Nur sollten diesmal „von grünen Bändern umgebene urbane Kerne“ entstehen, es sollte also gezielt abgerissen werden. Das Ergebnis war ein Desaster: Durch Aufrechterhaltung der flächenmäßigen Ausdehnung der Stadt bei abnehmender Einwohnerdichte wurde die Instandhaltung der Infrastruktur zu teuer.
Und so könnte Dessau bald so aussehen wie ein Foto der Krisenfotografen: Stillgelegte Bushaltestellen, verstopfte Kanalisation und verrottende Straßen.
Aber vielleicht auch nicht. Denn es gibt Leute wie Alex, der zusammen mit seinen Freunden auf einem stillgelegten Güterbahnhof eine Dirtramp gebaut hat. Agi, deren „erotischer Sozialservice“ sich auf eine ältere Kundschaft spezialisiert hat.
Einen Verein, der eine Bierbrauerei zu einer Kletterhalle umgebaut hat. Und Sergej, ein Ex-Balletttänzer, der mittlerweile einen hervorragenden Automechaniker abgibt.
Es sind vereinzelte Leute, ihre Gesten, ihre Ansichten und Projekte, die meine Fantasien der schrumpfenden Städte als Orte enormer Potenziale gerettet haben. Aber es sind Fantasien geblieben.
Und so wusste ich, dass ich soeben den Titel meiner Fotoserie gefunden habe, als ich im Staub einer Fensterscheibe las: „Es ist so weit, holt mich hier raus.“
Meine Suche geht weiter.
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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