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Posts Tagged ‘Gesichter’

Söl’ring – Gesichter des Sylter Urdialekts

27 Apr

Sölring-©-Wiebke_Mörig_Artikelbild

Ein Beitrag von: Wiebke Mörig

Die Insel Sylt war im Januar von einem weißen Mantel bedeckt. Wegen des eisigen Windes traf ich auf leere Straßen. Die Kontaktaufnahme zu den Einheimischen war kein leichtes Unterfangen.
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Gesichter russischer Vorstädte

03 Nov

Die Beziehung des russischen Fotografen Oleg Videnin zur Fotografie reicht bis in seine Kindheit zurück. Mit seinen Portraits nimmt er den Betrachter oftmals mit nach Brjansk, seinen Heimatort. In den Vorstädten und Dörfern um seine Heimat entstehen Bilder von Menschen, die den Betrachter in eine eigenartige Beziehung zu den fotografierten Personen setzen.

Man kommt nicht umhin, sich der Geschichte zu widmen, die sich in den Gesichtern abzeichnen. Man ist der Melancholie der zeitlosen Aufnahmen ausgesetzt. Die Wirkung der Bilder ist eng mit dem inneren Schaffensprozess des Fotografen verbunden, dessen Motivation dahinter, eine Person zu fotografieren, nicht einfach in Worte zu fassen ist. Videnin formuliert es so:

Wenn ich mit jemandem durch die Stadt spaziere, der meine Fotos kennt, höre ich manchmal: „Schau mal, das ist Deine Art von Person, warum fotografierst Du sie nicht?“. Und ich fotografiere sie nicht und zwar aus dem einfachen Grund, dass die Person eben nicht „meiner Art“ entspricht, vielleicht meinem Stil ähnelt, aber doch nicht meins ist.

Und warum nicht? Die Person ist visuell ebenso interessant, hat die passende Beschaffenheit, das Auftreten und die richtige Kleidung. Das Licht ist gut und der Hintergrund wundervoll. Ich weiß es nicht. Ich fühle nur. Die Unterscheidung zwischen dem, was mein ist und allem anderem, ist sehr fein und teilweise mystisch.

Ich weiß sicher, dass die Entscheidung keine gedankliche ist. Auch keine des Herzens. Natürlich kann es auch beides sein, eine Entscheidung der Gedanken und des Herzens, aber insgesamt stimmt das nicht. Es ist am ehesten etwas Intuitives, Instinktives, fast Animalisches.

Man kann es vielleicht so ausdrücken: Ich suche nach einem passenden Spiegel. Nicht nach einem, der sich für mich mit seiner Innenwelt, seiner Freude und seinen Sorgen, seiner Schwäche und Liebe interessiert. Es geht nicht um Interesse an mir, aber trotzdem bin ich nicht frei davon, Empathie zu empfinden und merke das vielleicht auch beim Fotografieren.

Aber das hält nur Sekunden an und ist eher zweitrangig. Was wirklich zählt, ist das Finden eines Spiegels. Natürlich sind alle Menschen Spiegel für jeden anderen, aber sie sind alle verschieden, spiegeln unterschiedlich. Sie verzerren, verschönern und verformen. Meine Aufgabe ist es, den für mich einzigartigen Spiegel zu finden, der, obgleich er krumm, schäbig und gebrochen sein mag, doch meinen eigenen inneren Zustand in jenem Moment am genauesten widerspiegelt.

Dieser Zustand muss sich, auf unsichtbare Weise, für den Bruchteil einer Sekunde, mit dem Bild der Person im Sucher verbinden und sich als reflektiertes Licht auf die silberne Emulsion ergießen.

Zwei Kinder auf einem Spielplatz

Community work day #2. Bryansk region. 2007.

Ein Junge mit Nasenbluten

Andrey, first blood. Bryansk region. 2006.

Zwei Kinder am See

Beatl. Bryansk region. 2012.

Ein Junge mit Regenschirm

Smolensk road. Bryansk region. 2007.

Zwei Jugendliche, einer mit gebrochenen Armen

Teenage years. Bryansk. 2005.

Ein Junge steht an einem Geländer

Young Russia. Bryansk region. 2003.

Ein alter Mann raucht

The Rewarded. Bryansk region. 2004.

Junge Soldaten und ein junges Paar

The soldiers kiss. Bryansk. 2007.

Ein Junge vor einem Reifen

Wheel. Bryansk region. 2007.

Jugendliche am See

Male and female. Bryansk region. 2004.

Ein Mädchen in einem weißen Kleid

Valentina in white. Bryansk region. 2008.

Eine junge Frau auf einer Brücke

Tonya on Lovers bridge. Astrachan. 2007.

Drei Kinder blicken in die kamera

Sergey, Ilya and Vika in Berezka young camp. Bryansk region. 2008.

Ein Kind im Wasser

Masha. Bryansk region. 2010.

Neben einer Reihe an Büchern, die er veröffentlicht hat, gibt es auch einen Film über seine Arbeit. Den Bildband mit den hier gezeigten Arbeiten gibt es direkt beim Fotografen zu erwerben.
Der zitierte Text wurde vom Russischen ins Englische und für diesen Artikel vom Englischen ins Deutsche übersetzt.


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Gesichter erzählen Geschichten – Menschen aus Westnepal

19 Nov

Ein Beitrag von: Christoph Gysin

Seit rund sieben Jahren arbeite ich, als Fotograf ehrenamtlich, für die Hifsorganisation Govinda. Der Verein unterstützt in Nepal rund 5000 hilfsbedürftige Menschen. Im Frühjahr 2013 bin ich zum vierten Mal nach Nepal gereist. Mein Ziel war, Fotografien für den Jahreskalender des Vereines zu machen und die Arbeit von Govinda zu dokumentieren.

Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt; die Menschen dort gehören zu den herzlichsten, denen ich je begegnet bin. Von 1996 bis 2006 tobte ein blutiger Bürgerkrieg in Nepal, das Ergebnis waren Tausende Tote und eine völlig unstabile politische und wirschaftliche Situation. Unterdessen hat sich das Land wieder etwas erholt.

Aber auch heute gibt es täglich stundenlange Stromausfälle und lange Warteschlangen vor den Tankstellen, die das exklusive Benzin nur zu gewissen Tageszeiten verkaufen. Betroffen sind vor allem Taxi- und Lastwagenfahrer. 80 Prozent der Bevölkerung leben ohne eigenen Wasseranschluss im Haus.

Santi © Christoph GysinSapana © Christoph Gysin

Die Portraits, die ich hier zeige, sind in der Karnalizone im Nordwesten von Nepal entstanden – fern von den Touristenzentren des Landes. Die großartigen Bergkulissen des Anapurna-Gebiges und des Mounteverest befinden sich in der nördlichen Mitte des Landes und im Nordosten.

Zum Jahreswechsel von 2006 auf 2007 war ich das erste Mal in Nepal. Zusammen mit einem Journalisten und Jugendfreund arbeitete ich am Buchprojekt „Die Kinder von Shangrila“ für Govinda. Wir haben Portraits von Waisenkindern in Text und Bild erstellt.

Im Jahr 2008 bin ich während meiner zweiten Nepalreise zum ersten Mal in die Karnalizone in Westnepal gereist. Von Kathmandu aus fliegt täglich ein Flugzeug der Firma Yeti Airlines nach Nepalgunj. Die Stadt Nepalgunj, übersetzt „Tor nach Nepal“, liegt im Südwesten des Landes und ist ein Grenzort zu Indien.

Von Nepalgunj aus ging die Reise – nach langer Wartezeit am Flughafen – mit einer fragilen Propellermaschine nach Norden ins Gebirge. Nach einer knappen Stunde landete die Maschine, eine Dornier 228, auf dem kleinen, von Stacheldraht umzäunten Flughafen von Jumla. Der Ort war während des Bürgerkriegs die Hochburg der maoistischen Rebellen.

Suchana Kami © Christoph GysinYem © Christoph Gysin

Das Licht war grell und die Luft warm und staubig. Menschen warteten mit einer primitiven Tragbahre am Rand des Flugfeldes. Sie kamen von weit her, um eine schwerkranke Frau mit dem nächsten Flug nach Nepalguj zu bringen. Bestimmt hatte die ganze Familie ihr Geld zusammengelegt, um den Flug zu bezahlen. Diese Szene hat mich damals sehr berührt. Die medizinische Versorgung dort oben in den Bergen ist auf das Einfachste reduziert – das lokale Spital muss mit einem Jahresbudget von 1500 Euro auskommen.

Im Jahr 2008 gab es noch keine Straße, die nach Jumla führte und darum auch keine Autos oder Motorräder. Sämtliche Waren wurden durch die Berge getragen, unter anderem auch Baumaterial für Häuser und Brücken. Heute, fünf Jahre später, führt eine schlecht befestigte, gefährliche Straße nach Jumla. Entlang dieser Straße sind viele neue Geschäfte und Übernachtungsmöglichkeiten entstanden – es herrscht eine Art Goldgräberstimmung, jeder will von der neuen Verkehrsader profitieren.

Von Jumla aus besuchten wir in ein- bis zweitägigen Fußmärschen die Dörfer der Region. Auf dem Weg dorthin begegnet man immer wieder Frauen, die sperrige und schwere Lasten auf ihren Rücken von einem Ort zum anderen transportieren. Bei ihren kurzen Verschnaufpausen rauchen sie gelegentlich gemeinsam mit ander Trägerinnen eine Haschischpeife – vielleicht, um die körperlichen Strapazen etwas zu mildern. Wenn man die Trägerinnen mit einem freunlichen „Namaste“ und einer leichten Verneigung begrüßt, fangen sie an, zu kichern.

Bijula Aidi © Christoph GysinSune Budha © Christoph Gysin

Die Dörfer und die Menschen, die dort leben, sehen aus, als wären sie aus einer vergangenen Zeit. In den Dörfern leben ausgesprochen viele Kinder. Man bekommt fast den Eindruck, die Dörfer würden von den wilden und staubigen Kleinen beherrscht.

Bereits bei meinem ersten Besuch in Westnepal war ich von den ausgeprägten Gesichtern dieser Menschen fasziniert. Bei der Planung meiner letzten Reise im Frühjahr 2013 wusste ich, dass ich diese Menschen unbedingt portraitieren wollte.

Die Portraitserie entstand in den Bergdörfern Puru, Godasim, Pipalgaon, Luma und Padmara. Mein Ziel war, die Menschen so authentisch wie möglich zu portraitieren. Das heißt, ich habe die Leute genau so fotografiert, wie ich sie angetroffen habe. Ich nahm keinen Einfluss auf Kleidung, Schmuck, Kopfbedeckung und so weiter. Durch meinen kleinen, improvisierten Studioaufbau mit Hintergrund, Stuhl, Blitz und Stativ waren die Leute während den Aufnahmen sehr konzentriert.

Sukabir  © Christoph GysinTilak  © Christoph Gysin

Das Fotokonzept habe ich vor meiner Abreise gemacht, dadurch konnte ich mich – trotz der vielen Schaulustigen – wärend des Fotografierens voll auf meine Arbeit konzentrieren. Es war mir klar, dass ich nicht viel Gepäck mitnehmen konnte. Alles musste, neben Schlafsack und ein paar Kleidern, in einen Rucksack passen. Mein Fotomaterial bestand aus einer Kamera, zwei Objektiven, einem Systemblitz mit Schirm, zwei leichten Stativen und einem grauen Stoff als Hintergrund – schwer war der Rucksack dann trotzdem.

In den Dörfern habe ich jeweils einen gedeckten schattigen Ort gesucht, um mich einzurichten. Die Dorfbewohner waren natürlich neugierig und beobachteten mich gespannt. So konnte ich mir die vielversprechendsten Gesichter in aller Ruhe aussuchen. Auf die Frage, ob ich sie porträtieren dürfe, bekam ich meistens eine positive Antwort.

Heute macht es mich glücklich, dass ich diese Leute so nah portraitieren konnte. Ich denke, die Bilder erzählen etwas über das Leben der Menschen. Einige der Portraitierten gehören zur Kaste der „Dalits“, man nennt sie auch die Unberührbaren. Sie haben in Nepal nur wenige Rechte und dürfen nur die unterste und schmutzigste Arbeiten verrichten. Die Fotografien dieser Menschen haben für mich einen ganz besonderen Wert.

Namaste.


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Gesichter Bonns

13 Nov

Ein Beitrag von: Beatrice Treydel

Als Kind und Jugendliche habe ich nie daran gedacht, aus meiner Heimat weg zu gehen. Und vor 24 Jahren – so die Überlieferung meiner Familie – habe ich das wohl so formuliert: „Ich will nicht in den Westen!“ Ich war gerade fünf Jahre alt, als ich das mit voller Überzeugung und als lautstarken Protest skandierte, immer dann, wenn meine Familie die Verwand- und Bekanntschaft im Westen besuchen wollte.

Damals mussten wir, wer hätte es gedacht, wenn wir aus der ehemaligen DDR (dem heutigen Thüringen) kurz nach der Wende in den Westen reisten, über die Grenze. Und was bedeutete damals „Grenze“? Ganz genau: Menschen mit Gewehren! Die fand ich als Kind alles andere als nett und das führte zu meiner Aussage. Für mich symbolisierten die Männer den Westen. Auch, wenn genau die eigentlich aus dem Osten waren. Als Kind kann man da schon einmal durcheinander kommen.

© Beatrice Treydel
Ich in der Bonner Altstadt im Frühling

Inzwischen habe ich bereits an vielen Orten Deutschlands gewohnt und gearbeitet. So auch in Mannheim, Mainz, Frankfurt, Köln und in dem kleinen, liebenswerten Kaff in Thüringen, aus dem ich ursprünglich stamme. Aber nirgendwo habe ich mich bisher so daheim gefühlt wie in Bonn. Besonders fasziniert mich, dass diese Stadt trotz ihrer Überschaubarkeit so viel Leben, Geschichte und Flair hat. Ich fühle mich wohl hier zwischen den Rheinländern und den Menschen aus aller Welt.

Deshalb entstand auch meine Idee, zu zeigen, was alles in Bonn steckt. „Gesichter Bonns“, das ist mein Portraitprojekt, meine Liebeserklärung an Bonn und die Menschen, die hier leben. Als Fotografin liebe ich zwei Dinge ganz besonders: Portraits zaubern und neue Menschen kennenlernen. Und genau das kann ich mit diesem Projekt verbinden.

© Beatrice Treydel

Mit meinem Projekt bin ich auf der Suche nach den Menschen, die wie ich eine Liebesgeschichte zur Stadt erzählen wollen. Die sich hier daheim fühlen, egal ob sie schon immer hier gewohnt haben oder wie ich „eingewandert“ sind – ganz unabhängig von Alter oder sozialem Stand.

Mein Ziel ist es, viele verschiedene Menschen zu portraitieren und das Ergebnis in einer Ausstellung – ja, mein Traum wäre sogar ein Bildband – zu zeigen. Bis dahin veröffentliche ich nicht die eigentlichen Projektbilder, sondern Outtakes oder schöne Bilder, die dabei auch noch entstanden sind. Ich möchte ja nicht die ganze Spannung verderben, bevor es zu einer Ausstellung kommt.

Vor über zwei Jahren hatte ich zum ersten Mal die Idee zu diesem Projekt und erst im Frühjahr 2013 habe ich dann wirklich damit begonnen. Mein Projekt hat nichts mit Streetfotografie zu tun. Ich bewundere die ganzen Künstler in diesem Bereich, aber diese Art der Fotografie liegt mir nicht. Denn ich nehme mir sehr gern Zeit für jeden meiner Teilnehmer und lerne ihn oder sie ein bisschen kennen.

© Beatrice Treydel

Schließlich möchte ich den Menschen so ablichten wie er ist und ihn ganz natürlich einfangen. Für jeden Teilnehmer entstehen zwei Fotos: Eines mit Studiolicht und eines irgendwo in Bonn. Obwohl ich natürliches Licht sehr liebe, habe ich mich dazu entschieden, auch Studio-Portraits zu machen. Unter diesen immer gleichen Bedingungen lenkt einfach nichts vom Menschen ab und die Vielfalt der Gesichter Bonns wird gut unterstrichen.

Beim Studio-Portrait lege ich großen Wert auf die Gesichtszüge des Menschen, beim Outdoorshooting möchte ich den Charakter des Menschen und seine Eigenheiten unterstreichen. Deshalb sucht sich jeder Teilnehmer genau diesen Ort selbst aus. Abgerundet wird das Ganze durch kleine Text zu jedem meiner Gesichter Bonns, in denen die Person und ihre Liebesgeschichte zur Stadt kurz beschrieben sind.

© Beatrice Treydel

All die Begegnungen dokumentiere ich in meinem Blog, sammle Zitate über Bonn bei Twitter und poste zu jedem Teilnehmer ein Bild bei Facebook. Gerade über die sozialen Medien erreiche ich besonders viele neue Teilnehmer. Menschen, die auch ihre Geschichte zur Stadt beitragen möchten. Geschichten, die man nicht suchen kann, die einen stattdessen selbst finden.

So wie die junge Frau, die in kein Schema passt und diverse Schubladen sprengt. Sie ist über Facebook auf das Projekt aufmerksam geworden und hat mich angeschrieben. Jemanden ohne feste Bleibe bei diesem Projekt dabei zu haben, finde ich sehr wichtig.

Ich hatte mich aber schlicht nicht getraut, jemanden auf der Straße anzusprechen und dann bekam ich elektronische Post von ihr. Sie ist Lebenskünstlerin mit einem großen Herz und ganz viel Kreativität. Und genau das ist es auch, was sie an Bonn liebt. Die Kreativität all der Musiker und Künstler.

© Beatrice Treydel

Einer dieser kreativen Köpfe ist 1zwo3. Ein Streetartkünstler, dessen Pasteups (Zeichnungen auf Papier, die er an Wände klebt) die ganze Stadt schmücken. In Bonn aufgewachsen und mit den Ausstellungen im Naturkundemuseum König groß geworden, lässt er sich noch heute von den Exponaten inspirieren und Tiere oftmals in seine Werke einfließen.

© Beatrice Treydel

Ich hatte bisher schon so viele tolle Begegnungen. So auch mit dem Leistungssportler Alhassane Baldé, der 2016 wieder an den Paralympischen Spielen teilnehmen möchte. Er wurde in Conakry (Guinea) als Zwillingskind geboren und ist durch einen Ärztefehler bei der Geburt ab dem 8. Brustwirbel querschnittsgelähmt. Sehr früh kam er dann zu seinem Onkel nach Deutschland, wo er schließlich auch aufgewachsen ist. Mit sechs Jahren entdeckte er auf einer Messe sein Interesse am Rennrollstuhlsport. Und heute ist er Dritter auf der Weltrangliste!

© Beatrice Treydel

Ab und zu im Leben denkt man „wenn ich das jetzt nicht tue, ärgere ich mich mein ganzes Leben“, schüttelt sich kurz die Zweifel ab und rennt los. So ging es mir im Frühjahr dieses Jahres, als mir plötzlich Bernhard Hoecker beim Einkaufen über den Weg lief. Er ging raus, ich rein. Kurz nachgedacht, schnell hinterher gelaufen und ihn schüchtern angesprochen. Und siehe da: Er ist genauso wie ich ihn mir vorgestellt habe – sehr sympathisch und vollkommen unkompliziert.

Bis zu dem Moment im September, als es dann an meiner Tür klingelte und er sich mit „Hi, hier ist der Bernard“ meldete, hab ich aber nicht so recht daran geglaubt, dass er wirklich Zeit findet. Es war ein sehr schöner und entspannter Vormittag mit ihm und ich freue mich noch immer riesig über seine Aussage „Ich mache mit bei ‚Gesichter Bonns‘, denn Bonn ist mehr als eine Stadt.“

© Beatrice Treydel

Nach meinen Projektterminen bin ich immer ganz aufgekratzt. Ich freue mich dann immer riesig über die damit verbundenen Erlebnisse. Um all die Anfragen bewältigen zu können, vereinbare ich inzwischen für die Studio-Portraits Sammeltermine. Und genau dabei entstehen wahnsinnig schöne Momente. Menschen, denen ich noch nie begegnet bin und die sich untereinander auch nicht kennen, sitzen zusammen, scherzen, haben Spaß und denken alle nicht daran, meinen Zeitplan einzuhalten.

Aber es stört keinen. Nicht einmal, dass Leute beim Shooting drum herum sitzen. Denn eigentlich hatte ich für jeden ein Zeitfenster eingeplant, bei denen kein anderer Teilnehmer dabei sein sollte. Aber alle blieben und hatten Spaß zusammen.

© Beatrice Treydel

Ich werde oft gefragt, wie viele Menschen ich fotografieren möchte und wann ich mit meinem Projekt fertig bin. Dann antworte ich: „Sobald ich das bunte Bild der Stadt abgelichtet habe, so wie ich es immer vor mir sehe.“

Es ist wirklich diese Stadt. Es sind die Menschen. Es ist diese Vielfalt, die man in den Straßen sieht. Es ist das Gefühl, dass man angekommen ist. Und nun, fast 24 Jahre später, bin ich in der damaligen Hauptstadt genau dieses Westens gelandet und ich finde es super! Über unsere schöne Stadt Bonn kann ich voller Überzeugung sagen: „Ich will nicht weg aus dem Westen!“


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Die surrealen Gesichter von Jarek Kubicki

13 Apr

In den Bildern von Jarek Kubicki verschmelzen die Dinge miteinander. Es ist nicht mehr genau zu sagen, welche Teile der Künstler fotografiert hat, was hier gezeichnet wurde und welche Teile Fotomanipulationen sind.

Während klassische Mixed-Media-Kunst, die mit Fotografie arbeitet, gerade die Gegensätze hervorhebt, indem etwa sehr deutlich auf Fotografien geschrieben oder gemalt wird, geht Kubicki den umgekehrten Weg: Wie bei Matte Paintings bilden seine surrealen Fotomanipulationen abgeschlossene, homogene Einheiten von beeindruckender Schönheit.

© Jarek Kubicki

„Ich mache schon seit den 90ern digitale Bilder und am Anfang habe ich ganz klassisch damit experimentiert, traditionelle Kunst, digitale Malerei und Fotografie zu kombinieren“, erzählt mir der 1976 in Polen geborene Künstler, der zuerst an der Fine Arts Highschool in Gdynia seinen Abschluss gemacht hat und danach gleich noch einmal Kunst studiert hat.

„Im Laufe der Zeit hat sich mein Stil aber verändert. Es ist schwer, ihn zu beschreiben. Momentan verwende ich weniger Techniken aus der Fotomontage und versuche, mehr mit der Hand zu machen – das (digitale) Malen spielt dabei neben der Fotografie eine große Rolle.“

© Jarek Kubicki

Seine Arbeiten sind populär. Vor allem in der Metal-Szene verwenden Bands seine Bilder gern als Artworks für ihre Albenveröffentlichungen. Nebenbei macht Jarek vor allem Design. Wichtig ist ihm, dass alles von ihm selbst kommt.

„Alle Materialien, die in meinen Arbeiten vorkommen, sind ausschließlich von mir selbst: Texturen, Bilder, Pinsel. Ich verwende keine Stock-Fotos. Das ist so etwas wie meine Philosophie.“ Ein Beispiel für den Entstehungsprozess der Texturen kann man im Blog von Jarek bewundern.

© Jarek Kubicki

Das sieht nach sehr viel Arbeit aus, was es auch ist: „Der Prozess dauert viele Stunden, vor allem, wenn ich noch eine Fotosession mit einplanen muss. Die Hintergründe meiner Arbeiten sind mir vor allem auch wichtig. Ich kann stundenlang daran arbeiten, die Texturen so anzuordnen, dass sie für mich ein zufriedenstellendes Resultat ergeben.“

Es ist vor allem spannend, wie sich das Verhältnis von Fotografie und anderer Kunst in den Arbeiten von Jarek in Balance hält. „Ich habe riesigen Respekt vor Fotografie und ich sehe sie eigentlich als überlegen an“, sagt er. „Fotografie fängt einen Moment ein, eine Fotomontage rekonstruiert nur Momente.“

© Jarek Kubicki

Die finale Interpretation der Bilder bleibt dabei immer dem Betrachter überlassen: Jarek Kubickis Werke tragen keine Titel, sondern nur Zahlen, auch wenn man viel hinein- oder herauslesen kann. „Ich will den Bildern nicht meine Interpretation überstülpen, auch wenn es die natürlich gibt. Ich glaube, sie zeigen alle emotionale Zustände, Stimmungen.“

Der Rest liegt im Auge des Betrachters.


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