Ich hatte aus Zeitmangel lange keine eigenen Projekte mehr fotografiert. Dann sah ich einen Online-Workshop und wollte diese neuen Bearbeitungsmöglichkeiten testen. So ließ ich meine To-Do-Liste links liegen, packte kurz entschlossen meine Kamera ein und radelte los in den Wald. Dieses Mal ganz ohne Konzept.
Naja, fast ohne: Ich nahm drei kleine leere Breigläschen und Teelichter mit, ohne eine exakte Idee im Kopf zu haben. Im Wald bog ich dann vom Pionierweg in einen kleinen Pfad ein, den ich noch nicht erforscht hatte und entdeckte nach einer Weile auf der rechten Seite ein steinernes Kreuz mit Inschrift: I M + H Wernerus Bertram starb hier 16. Augusti 1689 GGDS.
Die Stelle sah so schön idyllisch aus, das Kreuz im Wald so irreal und mysteriös. Schnell beschloss ich, hier ein Selbsportrait zu fotografieren. Nun musste ein Konzept her und in meinem Kopf formte sich beim Anblick ein Bild: Ich sah mich trauernd vor dem Kreuz hocken, die Inschrift sollte lesbar sein, mein Gesicht jedoch verborgen. Mein Kleid passte perfekt in die Szenerie, da es recht zeitlos war. Die Breigläser mit den Teelichtern fanden auf dem Kreuz einen schönen Platz und ich stellte das Stativ auf.
Mit dem Selbstauslöser in der Hand setzte ich mich auf das Moos vor dem Kreuz und löste aus. Ich sah auf dem Display genau das Bild, das ich mir vorgestellt hatte. Nun fotografierte ich noch mehr von der Umgebung des Kreuzes, da ich den Bildausschnitt nachträglich erweitern wollte, wie ich es zuvor im Workshop gelernt hatte.
Diese Arbeit stellte sich am Abend in Photoshop als erstaunlich einfach heraus. Schnell hatte ich den Bildausschnitt nach oben hin erweitert, so dass ich ein quadratisches Bild erhielt.
Ich sah mir das Foto eine Weile an und merkte, dass mich das Grün im Bild störte, es passte einfach nicht zur trauernden Frau und der Symbolik. Ich beschloss deshalb, die Blätter ins Bräunliche zu verfärben. Zudem dunkelte ich einige Stellen im Bild ab und entfernte sehr helle unruhige Lichter im Blattdickicht, damit sie nicht vom Hauptmotiv abzulenken.
Diese Art starker Bearbeitung ist etwas, was ich enorm selten mache. Angestiftet dazu hat mich der Workshop und das zunächst fehlende Konzept. Das Bild entstand so erst im Laufe des Fotografierens und vor allem Bearbeitens. Eine Vorgehensweise, die für mich nicht typisch ist, aber mir dennoch ein tolles Ergebnis gebracht hat.
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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