Als Herausgeber dieses Magazines habe ich den Vorteil, mitbestimmen zu dürfen, wen und welche Thematiken wir hier vorstellen. Und da ich mich auch für Themen außerhalb des Street-Genres interessiere, ist heute das Thema Portrait und Sport zentraler Bestandteil von kwerfeldein. Und Jan Hinkel, seines Zeichens Sportfotograf, hat sich bereit erklärt, seinen Werdegang, als auch seine beeindruckenden Fotos mit mir zu diskutieren.
Hallo Jan. Erzähl doch mal: Was verbirgt sich hinter dem Namen Jan Hinkel für ein Mensch? Wer bist Du und was machst Du?
Hallo Martin. Auf jeden Fall ein sehr vielseitiger Mensch. Anders als man vielleicht vermutet, habe ich die letzten Jahre in Krefeld Maschinenbau studiert und dieses Jahr auch erfolgreich abgeschlossen. Mein Weg hin zur Fotografie und Werbung ist etwas schwerer zu beschreiben. Angefangen hat alles mit dem Interesse an Flugzeugen und dem „Spotten“ an Flughäfen in meiner Jugend.
Irgendwann wurden mir diese Motive zu statisch und ich begann damit, zunächst meine Freundin und dann nach und nach immer mehr Personen in meinem Umfeld zu portraitieren. Parallel spielte die Bildbearbeitung immer schon eine entscheidende Rolle in meinen Bildern.
Getreu dem Prinzip „Trial and Error“ versuchte ich damals, meinen Fotografien durch gewollte, aber meist nicht gekonnte Maßnahmen, mehr „Pepp“ einzuhauchen. Einige stressige und ärgerliche Stunden später kann ich nun seit etwa einem Jahr sagen, dass ich meine Bildsprache gefunden habe.
Parallel zum Studium habe ich vor anderthalb Jahren mein eigenes Studio aufgemacht und erstes Geld mit der Fotografie verdient. In naher Zukunft möchte ich noch meinen Master studieren und versuchen, mich weiter als Fotograf zu etablieren.
Wie ich erkennen kann, hast Du einen realistischen Blick auf das Finden des eigenen Stils, denn Du sprichst von stressigen und ärgerlichen Stunden. Was genau war so anstrengend?
Wenn ich mir ein Ziel gesetzt habe, bin ich sehr perfektionistisch, dieses zu erreichen und habe hohe Ansprüche an mich selbst. Mein Ziel war es von Anfang an, Bilder zu erstellen, wie man sie aus einschlägigen Magazinen kennt oder auf Werbetafeln sieht.
Wie man sich sicher denken kann, bin ich hierbei ziemlich schnell an meine Grenzen gestoßen, sei es durch zu wenig Kenntnisse meiner eher minderwertigen Technik oder dem notwendigen Wissen in Photoshop.
Ich bin anfangs davon ausgegangen, dass der typische Werbelook sich ausschließlich aus gut gesetztem Licht und teuren Lichtformern zusammensetzt. Heute bin ich da etwas weiter und weiß, dass der Look in großen Teilen in Photoshop entsteht. Das demotiviert einen anfangs natürlich ungemein, da man Stunden damit verbringt, Licht so zu setzen, dass es dem „Werbelook“ nahe kommt und das Endergebnis dann dennoch nicht zu 100% passt.
Gerade Photoshop ist für Anfänger erst einmal ein Buch mit sieben Siegeln. Hier die Geduld nicht zu verlieren und die Motivation aufrecht zu erhalten, war nicht immer so leicht. Ich habe in dieser Zeit aber auch unheimlich viel gelernt und mich nach und nach an den gewünschten Look herangetastet.
Heute versuche ich wie damals, dem Bildstil schon beim Shooting so nah wie möglich zu kommen, mache mich dann aber nicht mehr so verrückt wie früher, wenn es noch nicht passt, da ich schon im Kopf habe, wie das Bild nach der Nachbearbeitung aussehen wird.
Du bist ganz schön zäh! Respekt. Was gab Dir die Kraft und Motivation, so lange dran zu bleiben? Es gibt nicht viele, die das durchhalten…
Ich denke, das war im Wesentlichen das tolle Feedback und bei Kritik oder Nichtgefallen einer Serie der Ansporn, besser zu werden. Die Rückmeldung aus Foren oder auch Facebook ist hierbei ziemlich wesentlich, da man eine breite Masse, verschiedene Geschmäcker und Typen erreicht, die sich für Deine Bilder interessieren… oder eben auch nicht.
Ich bin mir sicher, dass sich meine Entwicklung durch diese Art der Bildbesprechung wesentlich geprägt hat.
Womit wir schon bei einem interessanten Thema wären: Was ist für Dich persönlich ein „gutes Feedback“? Was bringt Dich weiter?
Das ist schwer zu sagen. Oftmals sind es ganz offensichtliche und banale Dinge, die man im Laufe einer Bildentwicklung übersieht. Im Durchschnitt sitze ich drei Stunden lang an einem Bild, bei aufwändigen Sportbildern sind es auch gern auch mal zehn bis zwölf Stunden. Das Schwierige hierbei ist dann, den Blick für’s Detail nicht zu verlieren und kleinere Fehler im Bild noch zu erkennen, was natürlich nicht immer gelingt.
Hier hilft es mir dann in der späteren Bildkritik sehr, wenn sich Menschen ausgiebig mit meinen Bildern beschäftigen und kleine Fehler im Bild anmerken oder sonstige Unstimmigkeiten entdecken. Mich ärgert so was persönlich dann immer sehr… aber es bringt einen weiter.
Ja, da stimme ich Dir zu. Um in Deinem Gebiet erfolgreich zu sein, muss Du aber auch sehr perfektionistisch sein, richtig?
Jein. Natürlich sollte man in der Werbfotografie ein gewisses Maß an Perfektionismus sowie das sichere Bedienen seiner Technik mitbringen, zum Erfolg führt einen das aber noch lange nicht.
Ich denke, es spielen – gerade aktuell – einige andere Faktoren zusätzlich eine Rolle. In den letzten Jahren ist es meiner Ansicht nach zunehmend wichtig geworden, sich gut und regelmäßig im Internet zu präsentieren. Bestes Beispiel ist momentan Paul Ripke, der es meiner Meinung nach perfektioniert hat.
Der Fotograf wird so für potentielle Kunden auch als Werbeträger oder -botschafter interessant und in manchen Fällen vielleicht genau deswegen gebucht. Das ist natürlich nicht die Regel, aber zumindest ein Faktor, den man im Auge behalten sollte. Bei mir persönlich ist hier auf jeden Fall noch Luft nach oben.
Zudem ist es wie in allen Berufssparten: Die richtigen Leute zur richtigen Zeit zu treffen oder zu kennen, kann nicht schaden. Man sollte sich also nicht der Illusion hingeben, dass gute Bilder gleichbedeutend mit einem erfolgreichen Fotografendasein sind. Es ist lediglich die Basis, mit der man starten sollte.
Das ist Musik in meinen Ohren, Jan. Welchen Stellenwert misst Du der Kameratechnik in Deinem Sujet bei?
Das kommt ganz auf das Projekt an. Handelt es sich um eine eher natürliche Livestyle-Strecke, ist die Technik nicht besonders wichtig. Hier reicht eigentlich jede erhältliche SLR zum Beispiel mit einem 50mm f/1.8 aus, wenn nicht gerade gigantische Auflösungen gefragt sind.
Anders sieht es hingegen bei Sportaufnahmen aus. Hier spielt vor allem das Licht eine ganz entscheidende Rolle. Für meine Sportaufnahmen benötige ich mindestens drei Lichtquellen, in der Realität sind es dann meistens fünf, die an zwei Akkugeneratoren angeschlossen werden.
Mit diesem Setting stoße ich ziemlich schnell an die Grenzen der Technik, sei es durch zu lange Ladezeiten, zu geringe Akkuleistung oder das umständliche Platzieren der Generatoren. Zudem wiegt die ganze Technik zusammen um die 60 kg, was bei außergewöhnlichen Shootings – zum Beispiel auf dem Wasser – zum Problem wird.
Hier frühzeitig in gute Technik zu investieren, ist beim Shooting später Gold wert! Als Alternative miete ich dann Equipment. Wenn man hier und da in Foren mitliest, muss ich mich stellenweise schon wundern. Man gewinnt den Eindruck, dass bis zur letzten Schraube die Technik analysiert und besprochen, aber das Fotografieren offensichtlich vergessen wird.
Einen solchen Stellenwert hat die Technik für mich nicht und hatte sie auch nie. Wir leisten uns heute den Luxus, für wenig Geld sehr ausgereifte Kamerasysteme kaufen zu können, was ich nicht immer begrüße, da sich der Anblick von SLR-Kameras, eingestellt auf Programmautomatik, häuft.
Das würde ich so unterschreiben. Sprechen wir von Vorbildern Deiner Fotos. Gibt es ein paar Fotografen, die Dich außerordentlich inspiriert haben?
Ja in der Tat, einige sogar. In der Peoplefotografie finde ich schon seit längerem die Arbeiten von Murat Aslan, Tobias Schult und Frank Schemmann klasse. Im Sportbereich faszinieren mich die Arbeiten von Tim Tadder, wobei mir die Aufnahmen teilweise zu sehr ins Künstliche abrutschen.
Weniger mein eigener Bereich, aber dennoch dringend zu erwähnen, sind die zwei Fotografen von zweimalig aus Köln, die überwiegend im Architektur- und Still-Bereich fotografieren. Hier lohnt auf jeden Fall mal ein Besuch der Website.
Das sind so die Fotografen, die ich als erste im Kopf habe, aber im Endeffekt inspirieren mich weitaus mehr. Ich versuche, mir immer mindestens eine Stunde am Tag Zeit dafür zu nehmen, Webseiten von Fotografen zu durchstöbern, mir die neuesten Kampagnen auf GoSee anzusehen und ganz wichtig: Diese ganzen Aufnahmen dann zu analysieren und im besten Fall ein Making-Of davon zu finden.
Mich interessiert sehr die Vorgehensweise und das Lichtsetting anderer Fotografen. Hier versuche ich immer, so viel es geht mitzunehmen und es mit eigenen Ideen zu kombinieren.
Hast Du schon einmal einen Workshop besucht oder Dir alles „aus dem Netz“ gezogen? Wenn ja, welche Quellen kannst Du interessierten Lesern empfehlen?
Nein, einen Workshop habe ich nicht besucht. Das Basiswissen über Kameras habe ich hauptsächlich aus dem Netz gefischt, wobei ich mich damit nie wirklich ausgibig beschäftigt habe. Mich hat es von Anfang an mehr gereizt ,gutes und spannendes Licht zu erzeugen, als die Technik der Kamera bis ins Detail zu verstehen. Hier haben mir tatsächlich Making-Of-Videos am meisten geholfen. So hat man kostengünstig die Möglichkeit, wirklichen Profis über die Schulter zu schauen.
Explizite Quelle kann ich leider nicht nennen, da ich meistens eher durch Zufall auf interessante Videos stoße. Ich denke aber, dass man als Einsteiger sehr nützliche Informationen zum Beispiel auf der Seite von Krolop Gerst bekommt.
Wichtig ist nur, dass man sich frühzeitig von den in Workshops oder Videotutorials gezeigten Lichtsettings oder Bearbeitungsschritten löst und eigene Ideen einfließen lässt. Ich habe zum Teil das Gefühl, dass viele diese Trainings als Garant für gute Bilder verstehen und nicht als Grundlage dafür, eigene Ideen zu entwickeln.
Wahrscheinlich, weil es vielen schwer fällt, Eigenes zu entwickeln. Wie machst Du das?
Ist es auch, keine Frage. Ich denke, ich bin auch noch weit davon entfernt, etwas komplett Eigenes entwickelt zu haben. Damit meinte ich aber auch viel mehr, dass man nicht vorgefertigte Lichtsettings oder Posings aus den Tutorials übernimmt, sondern auch mal anderes Licht ausprobiert, selbst wenn das Ergebnis nachher vielleicht nicht zufriedenstellend ist.
Ich zum Beispiel habe einen (mittlerweile sehr gut gefüllten) Ordner auf meinem Rechner, mit einer Vielzahl an Bildern, die ich irgendwann mal gefunden habe und interessant fand. Wenn ich dann eine Idee habe, gehe ich in diesen Ordner und versuche, Looks, Lichtsettings, Locations unterschiedlicher Bilder zu vermischen und mit meiner Grundidee zu kombinieren… manchmal klappt es.
Welche Pläne hast Du für die kommenden Jahre? Oder planst Du gar nicht so weit?
Planen ist vielleicht nicht unbedingt der richtige Ausdruck. Ich habe mir für die nächsten Jahre einige hohe Ziele gesteckt. Zunächst möchte ich meine Mappe eindeutiger aufstellen, soll heißen so, dass deutlich erkennbar ist, wo meine Schwerpunkte liegen und wo die Reise hingehen soll.
Ein weiteres Ziel ist, eine Repräsentanz zu finden, die mich und meine Arbeiten gut vermarkten kann und vor allem auch ein Interesse daran hat! Auch meine Zusammenarbeit mit Werbeagenturen will ich in den kommenden Monaten verstärkt ausbauen, was wohl bedeutet, dass ich die Kamera erst einmal weniger in den Händen halten werde.
In den nächsten Wochen werde ich zwei interessante neue Projekte von mir veröffentlichen, von denen ich mir eine Menge erhoffe. Wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstellen, können diese beiden Serien sehr entscheidend für die bevorstehenden Jahre werden.
Letzte Frage, Jan: Wenn Du heute nochmal anfangen würdest, Deinen Weg als Fotograf zu gehen: Was würdest Du anders machen?
Ich glaube, meine fotografische Entwicklung ist noch zu jung, um sagen zu können, was ich hätte anders machen müssen oder sollen. Vermutlich ist man als Fotograf auch gezwungen, immer neue Wege zu gehen und auszuprobieren. Wege, die zur aktuellen Zeit und zur Laune der Gesellschaft passen. Von daher lässt es sich schon pauschal nicht sagen, was man anders machen könnte oder würde, weil man nicht weiß, was zu dieser Zeit gefragt ist.
Aktuell bin ich im Großen und Ganzen sehr zufrieden mit dem, was ich in der Kürze der Zeit erreichen konnte. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre es, in der einen oder anderen Situation mehr Mut zu zeigen und einfach zu machen. Ich bin eher der Typ, der vieles in Frage stellt und genau planen will. Manchmal ist das von Vorteil, teilweise stehe ich mir hierbei aber auch selbst im Weg.
Jan, vielen Dank!
kwerfeldein – Fotografie Magazin
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